Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
  
  
  
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Scheidung. 209 
Geschwindigkeit im Kanal einfinden. Erfahrungsgemäss beträgt die zurück- 
gehaltene Masse etwa 1/, der Exkremente. 
Reichliche Spülung von Abtritten und Fallröhren ohne Vermehrung der 
Abfuhrkosten, Abhalten von Ausdünstungen durch einen wirklichen Wasser- 
verschluss sind Vorzüge, welche bei den gewöhnlichen Tonnen nicht so unge- 
hindert erreicht werden können, wie bei Scheidetonnen. Das Abholen kann 
in etwas längeren Zwischenräumen erfolgen (1—2 Wochen), weil die Tonne 
sich nicht so rasch füllt; damit wird die Organisation und der Kostenaufwand 
der Abfuhr erleichtet. Die Kosten berechnet Bürkli!) gleich hoch mit der 
Grubenabfuhr, in Zürich werden sie thatsächlich durch den Erlös gedeckt. 
Was die Beschaffenheit betrifft, so ist die aus Scheidetonnen ablaufende 
Flüssigkeit nicht so schlimm, wie die aus Ueberlauf-Gruben; denn sie gelangt 
grösstentheils ohne Aufenthalt, also in frischem Zustande durch die Löcher- 
wand. Doch ist ein nennenswerther quantitativer Gewinn für Kanäle und 
Flüsse aus der Zurückhaltung von !/,; der Exkremente, gegenüber dem Ab- 
schwemmen der Gesammtmenge, nicht zu erwarten. Von Seiten des Rückstandes 
in Schejdetonnen werden — gerade wegen der verlängerten Abfuhrzwischen- 
räume — Ausdünstungen entstehen, daher geregelte Ventilationseinrichtungen 
(CI) wichtig, überhaupt aber alle Bedenken gegen Aufspeicherung sich wieder 
steigern. Aus diesen Gründen dürften Scheidetonnen sich als Zwischenelemente 
eines Schwemmkanalsystems nur damit begründen lassen, dass von dem letzteren 
bei mangelnder Spülkraft klebrige Stoffe möglichst ferngehalten werden sollen. 
3. Schwedische Klosets. In Stockholm und in einigen anderen schwe- 
dischen Städten sind bei obligatorischem Tonnensystem vielfach solche Behälter 
eingeführt, welche den Harn gleich bei seiner Entstehung ohne Berührung mit 
dem Koth durch einen Trichter oder eine Scheidewand ableiten. Es läuft dann 
der Harn in die Strassenkanäle und sammelt sich der Koth mit wenig Flüssig- 
keit in der Tonne. Infolge dessen entfallen in Stockholm auf 1 Kopf und Jahr 
nur 10088 zur Abfuhr. Wenn aber das Abholen der Tonnen seltener geschehen 
muss, so sind die Folgen im Hause wohl zu merken und haben bereits dahin 
geführt, statt grosse Tonnen von 1301 kleine von 451, statt der Abfuhr auf 
Bestellung eine solche mit regelmässigen Terminen (2 Wochen) einzuführen. 
Dennoch dürfte sich das System kaum empfehlen, weil selbst ein kleiner Be- 
hälter entweder nur theilweise gefüllt abzuholen ist (viel todte Last) oder 
leicht Uebelstände im Hause veranlasst. Wenn man einmal „Abfuhr“ der 
Exkremente einrichtet, so erscheint es finanziell unrichtig, gerade den werth- 
vollsten Bestandtheil grösstentheils verloren gehen zu lassen, ohne doch einen 
hygienischen Vortheil damit zu erreichen. 
4. Anhangsweise ist das Gas-Hochdruck-System von Breyer zu er- 
wähnen.?2) Aus einem unter dem Hause eingerichteten Behälter, welcher nicht 
nur Abortstoffe, sondern auch Brauchwasser und selbst Kehricht aufnimmt, 
werden die Flüssigkeiten abgeseihet und den Kanälen überantwortet, die festen 
Theile aber von Zeit zu Zeit durch Anwendung von Luftdruck von 3—4 Atm. 
in ein anderes Gefäss gedrückt und filtrirt. Die hier durchäiltrirte Flüssigkeit 
läuft ebenfalls in die Kanäle; der feste Rückstand der Filterpresse aber wird 
noch einer hohen Temperatur ausgesetzt, um alle Krankheitskeime zu tödten 
und als Poudrette verwendet. Zu den genannten Prozeduren soll ein fahr- 
barer Apparat dienen, welcher auf der Strasse vor dem Hause stehen bleibt 
und mit betreffenden Röhren an den im Hause befindlichen Behälter ange- 
schlossen wird, um Pressluft hinein und Kothmasse heraus zu fördern. Die 
Thätigkeitsdauer für 1 Haus wird auf 2—3 Minuten veranschlagt. Die tech- 
nische Möglichkeit und die hygienische Zweckmässigkeit des Verfahrens 
sind theoretisch nicht zu bezweifeln, Erfahrungen fehlen. Den Haupteinwand 
dürften die Kosten bilden, sowohl in der Anlage als im Betrieb. Sie werden 
sich besonders dann steigern, wenn kurze Abfuhrtermine gewählt werden und 
doch ist dieses voraus zu setzen, um die so bedenkliche Aufspeicherung schäd- 
  
1) Anlage städtischer Abzugskanäle, S. 133, 247. 
2) Broschüre unter obigem Titel, Wien 1881. Kritiken in der Zeitschrift für Baukunde 
1881, 635, und in der Deutschen Bauzeitung 1882, 576. 
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