Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
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3212 Exkremente. 
zwischen immer wieder an der Luft abgetrocknet wird. Auch in Ställen 
erlangt eine vollständig mit Fäkalien gesättigte Torfstreu nahezu denselben 
Dungwerth, wie die Fäkalien selbst. 
Die Anwendung erdiger Desinfektionsmittel erfolgt entweder in den 
Abtritten oder in den Gruben, oder an den Sammelstellen. Bei der ersten 
Methode dienen Streuklosets, bei welchen die Exkremente in ein mit der 
Erdmaterie gefülltes Gefäss fallen, oder besser, umgekehrt, mit derselben über- 
streut werden, und zwar am sichersten automatisch bei jedesmaligen Gebrauch 
durch das Gewicht der benutzenden Person, durch Niederklappen des Deckels 
oder beim Bewegen der Abtrittsthür.!) Die Abfuhr erfolgt theils nach dem 
Prinzip der Eimer und vermeidet dann allerdings deren Ausdünstungen, theils 
auch aus Gruben oder Tonnen, in welche Exkremente und Erde durch gewöhn- 
liche Fallröhren gelangen. Es muss dann die Grubenentleerung von Hand 
erfolgen, was zwar bei der erdartigen geruchlosen Masse nicht den widerlichen 
Eindruck macht, wie bei Jauche, aber mehr Zeit und Umstände, als die 
pneumatische Entleerung erfordert. 
Gegenüber der gewöhnlichen Abfuhr entstehen Mehrkosten durch die 
Beschaffung und Zubereitung des Desinfektionsmittels, durch dessen Doppel- 
transport (herein in die Stadt und wieder hinaus). Nach Erfahrung und 
Schätzung mögen bei Anwendung von Erde die Abfuhrkosten 6—10 M. pro 
Kopf und Jahr betragen. Der Erlös dürfte nur dann denjenigen aus Gruben- 
jauche übersteigen, wenn nach wiederholter Verwendung der Erde ein stark 
konzentrirtes Produkt gewonnen ist. Selbstverständlich gehört zu Erdklosets 
stetige Aufmerksamkeit, bezw. scharfe Kontrole, weiche in Privathäusern nicht 
immer zu erwarten ist. Aus allen diesen Gründen ist die Anwendung von 
Erde beschränkt geblieben, z. B. in Lankaster mit Thonerde, wobei aber z. Th. der 
Harn noch vor der Desinfektion abgeschieden wird, um die Masse zu vermindern 
(1,5&g Erde pro Kopf und Tag). Manchester und Rochdale, wo die Hausasche 
in Siebkasten gebracht wird und ihre feineren Theile in die Abtritteimer 
fallen. Vortheilhafter gestaltet sich, wie oben schon erwähnt wurde, die An- 
wendung oon Torfmull, welche in Braunschweig, Hannover, Oldenburg n. a. 
jetzt stark verbreitet ist, Ein Bedarf von 55%s pro Kopf und Jahr kostet 
etwa 1,6 M., dazu für Tagelöhne und Abfuhr durchschnittlich 2,2, zusammen 
3,8 M. Dem steht in Braunschweig bereits eine Einnahme von 1,8—3,0 M. 
gegenüber, nachdem das Gewicht durch Aufnahme von Exkrementen auf das 
7—9fache gewachsen ists und sich ein Preis von 4—7 M. pro t ‘gebildet hat. 
Das Fehlende wird mittelst einer Gehühr der Hausbesitzer aufgebracht. In 
Warschau ist dagegen die Einführung von Torfklosets missglückt.2) 
Desinfektion in Abtrittsgruben statt in den Einzelabtritten erscheint 
nur da empfehlenswerth, wo die Bedienung bequem, die Masse von Hand ge- 
wonnen und unmittelbar verwendet werden kann, namentlich auf dem Lande, 
oder bei häufiger Abfuhr dahin, z. B. Lyceum in Strassburg mit einer seit- 
wärts zugänglichen Grube. Ferner im grossen eingeführt in Christiania, wo 
die Exkremente aus jedem Abtritt in eine flache Grube fallen und da mit 
Torferde und etwas Kalk desinfizirt werden. Die breiartige Masse mit 0,70), 
Stickstoff ist als Dünger geschätzt (13 M. pro t) besonders auf kalkarmem 
Boden. Was nicht unmittelbar abgesetzt werden kann, unterliegt einer 
Kompostirung (s. u.).) Die Desinfektion in der Grube umgeht allerdings ein 
Streukloset, welches etwas kostspieliger und vergänglicher erscheinen mag, als 
ein gewöhnlicher Abtrittsitz, erreicht aber nicht die in der Fallröhre hängenden 
Reste, so dass doch eigentlich aus hygienischen Gründen gleich oben desinfizirt 
werden sollte. Beiden Methoden kommt der Vortheil zu, dass eine Verun- 
reinigung des Bodens selbst bei undichter Grube verhindert wird. Dagegen 
1) Erdklosets von Moule und Passavant in Band II des Bauhandbuchs, 1 Halbband S. 561. 
Vollsändige Uebersicht aller Streu-Aborte mit Angabe von Spezialquellen im Handbuch der 
Architektur a. a. O. 279—289. Englische Einrichtungen in der Vierteljahrschrift für öffentliche 
Gesundbeitspflege 1871, SO und 552. Schuster, Erdklosets, Zürich 1886. 
2) Wochenblatt des Oesterreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins 1887, 198. 
3) Auch die Desinfektion von Pissoirs, mittelst Einstreuen von Torfmull in die Rinne ist 
hier zu erwähnen. 
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