Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
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228 Kanalisation. 
einzelnen ihnen erfahrungsmässig, besonders ausgesetzten Grundstücken und 
Bezirken die Miether vertreiben, also den Werth vermindern. Ein genauer 
Kostenvergleich zwischen diesen Schädigungen einerseits und den Bauzinsen 
grösserer Kanäle anderseits lässt sich zwar schwer anstellen; allein es ist 
jedenfalls nöthig, dass diejenige Regenmenge, welcher die Kanäle freien Ab- 
lauf zu gewähren haben, recht vorsichtig gewählt wird, und Stauungen nur 
bei wirklich ungewöhnlichen Regenfällen eintreten. In diesem Sinne 
empfiehlt Bürkli für Städte in der Schweiz eine grösste anhaltende Intensität 
von 125—200 s. ]. zugrunde zu leger, je nachdem ausserordentliche Ereignisse 
weniger oder mehr berücksichtigt werden sollen. In manchen deutschen 
Städten scheint die Grenze entschieden zu niedrig gewählt zu sein, indem 
dort über wiederholte Kellerüberschwemmungen geklagt wird. Im allge- 
meinen dürften zwischen 70: und 150s.1. anzunehmen sein. Englische und 
amerikanische Ingenieure pflegen 70s.1. als Norm anzunehmen,!) indem noch 
stärkere Regenfälle selten vorkommen, nach amerikanischen Beobachtungen in 
verschiedenen Städten je einmal in einem Zeitraum zwischen 1 und 4 Jahrer. 
Allein neuerdings sieht man in Amerika diese Ziffer schon als zu niedrig an, 
nachdem in den danach ausgeführten, sonst mustergültigen Kanalisationen von 
Brooklyn, Chicago, Providence öftere unliebsame Veberschwemmungen einge- 
treten sind. 
Erheblich erleichtert kann die Entscheidung der Frage an solchen Orten werden, 
wo schon seit langer Zeit alle beträchtlichen Regenfälle einzeln nach Dauer 
und Intensität beobachtet worden sind. Man verzeichne dieselben, so weit sie 
wenigstens eine gewisse Stärke, z. B. 50.1. übertroffen haben, mit den Minuten 
der Dauer als Abszissen ?, den Intensitäten als Ordinatern R und erhält so 
eine Wolke von Punkten, we’'che eine bequeme Uebersicht der Häufigkeit und 
Stärke ungewöhnlicher Ereignisse gewährt. Der obere Rand dieser Wolke giebt 
für den betreffenden Ort einen Zusammenhang zwischen Dauer und Intensität, 
indem im allgemeinen bei zunehmender Dauer des Regens seine Stärke geringer 
ist, und umgekehrt sehr heftige Regengüsse nur kurze Zeit währen. So hat 
Prof. Nipher von St. Louis?) für diese Stadt eine Hyperbel als Einhüllungs- 
kurve gefunden mit der Formel Rt=25000, Kuichling für Rochester zwei 
gerade Linien, welche sich bei {= 60 und R= 60 schneiden, und von welchen 
die zur Linken steil, die zur Rechten flach geneigt ist, so dass für alle Regen- 
fälle bis zur Dauer einer Stunde die Formel gilt: R= b—ct, wo b und c zwei 
Konstanten sind. Allein derartige „Cesetze“ erscheinen doch bei der verhältniss- 
‚mässigen Beschränkung der Beobachtungen noch zu unsicher. Wichtiger ist 
die Anwendung, durch jene Wolke eine Horizontallinie zu ziehen, welche die 
obersten und vereinzelten Punkte ausscheidet und als praktische Grundlage der 
Kanalisation dienen kann, mit einer klaren Einsicht in dasjenige, was nun als 
‚Ueberlastung der Kanäle zu Zeiten erwartet werden muss, 
Das Schicksal atmosphärischer Niederschläge ist bekanntlich ein dreifaches: 
Verdunstung, Versickerung, Obeıflächenablauf. Das Verhältniss dieser Drei- 
theilung wechselt sehr stark nach Zeit und Ort. Das Maass der Verdunstung 
kann unter gewissen Umständen zehnmal stärker sein als unter entgegen- 
gesetzten. Der Filtration unterliegen je nach Luft- und Boden-Beschaffenheit 
zwischen 1 und 100°/, der Menge eines Regenfalles. Metcorologische Angaben 
hierüber beziehen sich stets auf längere Perioden, z. B. auf die Dreitheilung 
des gesammten jährlichen Niederschlages und sind deshalb für unseren Zweck 
ohne Werth. Auch hydrologische Erfahrungen über die Beziehungen zwischen 
Abflussgebiet und Wassermengen eines Flusses können hier keinen Anhalt 
geben. An direkten Beobachtungen in Kanalnetzen fehlt es leider roch sehr. 
Um nämlich einerseits die Menge von atmosphärischen Niederschlägen, ander- 
seits den davon in den Kanälen aufgenommeren Antheil zu messen, müsste 
man selbstregistrirende Apparate für beiderlei Messungen aufstellen, Regen- 
messer und Pegel, mit welchen nicht blos das Gesammtergebniss, sondern wo- 
1) Adamsa. 2.0.8. 31. 
2) The American Engineer 1885. 
  
 
	        
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