12° Einleitung.
a) Grossindustrie und Grosshandel, aber auch Wohnungen von Arbeitern,
Angestellten und Fabrikherren, unter gehöriger Berücksichtigung der Ge-
sundheit.
b) Geschäftsstadt für unmittelbaren Verkehr von Kleingewerbe und Klein-
handel, sowie von manchen geistigen Berufsarten mit dem Publikum, meistens
Wohnung mit Geschäft verbunden.
c) Wohnungen für Leute ohne Beruf, oder mit Beruf ausserhalb der Wohnung,
vom Rentner bis zum Tagelöhner, immerhin durchsetzt mit kleinen Geschäfts-
lokalen.
Die Lage dieser 3 Gruppen ergiebt sich theils durch örtliche Verhältnisse,
theils durch Anwendung geeigneter Verkehrsmittel oder wenigstens durch
Wahrung ihrer Ausführbarkeit in Zukunft. Derartige Bedingungen sind bei
den Abtheilungen bezw.:
a: die Nähe von Eisenbahnen und Wasserstrassen, oder Ansdehnung derselben
dahin mit Industriegleisen und Zweigkanälen, viel Raum, billiger Grund, also
weit aussen.
b: Stadtkern oder Kern einzelner Bezirke, wobei Kaufläden an Haupt-
strassen, Hausgewerbe und geistige Arbeit an Nebenstrassen.
c: Aeussere Bezirke oder Bezirkstheile, mit gutem nicht zu theurem Bau-
grund, Nähe oder reichliche Verkehrsmittel zu den Gruppen a und b, auch
Naturschönheit zu berücksichtigen, sowie Freiheit von städtischem Dunst (West-
ende vorzuziehen).
Wenn die eben angeführten Bedingungen erfüllt sind, bezw. ihre Erfüllung
in Aussicht steht, bedarf es keiner Zwangsmittel, um die Gruppirung durchzu-
führen. Jedermann wird gern davon Gebrauch machen, weil er sich einzeln doch
nicht helfen kann. Wo es aber nicht durch sorgfältige Wahl und Ausstattung
der Bezirke zu freiwilliger Absonderung derselben kommt, entstehen Uebelstände
und Wünsche nach Umgestaltung. So bei manchen gleichartig projektirten Er-
weiterungen, welche mit übergrosser Rücksicht auf hohe Verwerthung des
Grundbesitzes überall die Errichtung von Wohnhäusern vorausgesetzt haben.
(Berlin, Wien).
5. Belästigung durch Gewerbe. Im Unterschied zu der eben erörterten
moralischen Einwirkung ist eigentlicher Zwang angezeigt zum Schutz der
öffentlichen Gesundheit bei Belästigungen durch Gewerbe. Gegen eine der
desfallsigen Belästigungen, nämlich Rauch, versuchen zwar direkte Verbote
starker Rauchentwickelung zu schützen, und es gelingt dies auch nach den Er-
fahrungen namentlich in Basel und Dresden (Verordnungen von 1880 und 1887)
mittels geeigneter Brennstoffe, Feuerungen und Heizer befriedigend. Allein es
sind ausserdem Schädigungen durch Geruch, Geräusch, Verkehr der Fabriken
zu besorgen. D:shalb behält $ 23 der Gewerbe-Ordnung den Landes-Gesetz-
gebungen die Befugniss vor, zu bestimmen, dass die bedenklichsten, nämlich
die nach $ 16 konzessionspflichtigen Gewerbe, durch Ortsstatut in bestimmte
Bezirke verwiesen, andere Bezirke davon frei gehalten werden. Diese Gelegen-
heit haben indessen nur wenige deutsche Staaten (Sachsen, Württemberg,
Hessen, Baden, Braunschweig) gesetzlich ausgebildet, und in denselben nur
wenige Städte wirklich in Vollzug gesetzt. Wır nennen von solchen Cannstatt,
Esslipgen, Heilbronn, Heidelberg, Darmstadt, Offenbach, Worms, ferner mehre
sächsische Fabrikstädte und Budapest. Sehr sorgfältig ist deser Gegenstand
in Dresden behandelt (Ortsstatut von 1878), wo nicht blos fabrikfreie Wohn-
bezirke, sondern auch bestimmte Fabrikbezirke gewählt worden sind. Dampf-
kessel werden dabei nach der Grösse sortirt, kleine auch in Wohnbezirken, je-
doch nicht in Villen-Bezirken zugelassen. Freilich haben sich bei beabsichtigter
Erweiterung schon bestehender Fabriken oft Schwierigkeiten ergeben. In
Preussen ist die Anleitung d+s $ 23 der Gewerbe-Ordnung noch nicht durch
Landesgesetz praktisch gemacht, wird aber in vielen Städten gewünscht, indem
die in $ 18 und 19 gegebenen Mittel zu nachträglicher Abhilfe nicht ausgereicht
haben.!) Am gründlichsten dürfte die badische Landes-Bauordnung vorgehen,
welche den Gemeinden allgemein gestattet, Ortstheile für „gewisse Gewerbs-
1) Vierteljabrsschrift für öffentliche Gesundheitspflege 1889, 42.
ET