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274 Kanalisation.
Schacht, welchem sämmtliche Leitungen zugeführt werden, und aus welchem
der Hauskanal abgeht; auf grösseren Grundstücken sind es gewöhnlich mehrere
Schächte, theils wegen bequemerer Anordnung der Leitungen, theils zur
Sicherung der wagrechten Röhren gegen Ablagerungen. In letzterer Beziehung
gilt in Wiesbaden die Vorschrift, dass ein Fettfang nicht weiter als 2,5 vom
Fuss des betreffenden Fallrohrs entfernt sein soll. Indem die Niederschläge
von Hofflächen ebenfalls Vorreinigung erheischen (s. o.), kann oft ein und
derselbe Schacht für Hauswasser und Hofwasser zugleich dienen, ja auch
Regenwasser von den Dächern mit aufnehmen. Dies Verfahren sollte aber
nicht zu weit getrieben werden, weil dann Ueberfüllung der Senke eintritt. So
ist es in Wiesbaden nur bei Hofflächen unter 45 am Grösse gestattet, sämmt-
liche Abwasser des Grundstücks in eine gemeinsame Senke zu vereinigen. In
den meisten der genannten Städte wird übrigens mit Recht die Forderung der
Vorreinigung nicht auf harmlosere Abwasser, z. B. Badewasser, oder gar
auf Regenwasser ausgedehnt. So lauten die Vorschriften für Karlsruhe: Regen-
röhren ohne. Wasserverschluss in den Strassenkanal oder Hauskanal, eventuell
in ein sonstiges Fallrohr, Küchenabfallröhren mit Syphon am Einlauf und
ausserdem einem Schlammfang zuzuführen, sonstige Abzugsröhren im allgemeinen
mit Syphon oder mit Schlammfang, Oertlichkeiten für ungewöhnlich grosse
Mengen fettiger Abgänge mit leicht zugänglichen Fettfängen.
Wie weit nun in einer Stadt für Vorreinigung von Küchenwasser usw. ge-
sorgt werden soll, möchte nach örtlichen Umständen zu entscheiden sein. Wo
nicht gerade viel Sand in den Haushaltungen verwendet wird, reichliche
Spülung namentlich auch in den Hausröhren erfolgt, mag man die Schlamm-
fänge für häuliches Abwasser, abgesehen von „ungewöhnlich starken“ Fett-
abgängen, weglassen. Auch das etwaige Abschwemmen der Exkremente kommt
in Frage; denn indem dieselben keinenfalls durch Senken zurückgehalten werden
dürfen, müssen da, wo Senken für Küchenwasser vorgeschrieben sind, die
Leitungen für beiderlei Zwecke getrennt werden, was sonst nicht grade noth-
wendig und somit billiger wäre. Gesundheitlich sind jedenfalls Ablagerungs-
Stätten von Schmutz im Hause bedenklich und verursachen Kosten und Unan-
nehmlichkeiten bei der oft wiederkehrenden Reinigung. Zudem gelingt
es, wenn sie wegbleiben, eher die Abwasser eines grossen Hauses auf mög-
lichst wenige Fallstränge zu konzentriren, was der Anlage und Reinhaltung
zu ganz erheblichem Vortheil gereicht. In der Rebel wird auch die Ventilation
der Hausröhren erleichtert, wenn senkrechte und wagrechte Stränge ununter-
brochen zusammen hängen (D X), und könnte dies wenigstens erreicht werden,
wenn man den fraglichen Apparat als Senke ohne Wasserverschluss gestaltete.
Es ist im Bisherigen stets vorausgesetzt worden, dass der Einlauf von
Exkrementen mittelst Wasserklosets erfolgt. Dies ist jedoch noch keines-
wegs überall der Fall. Es besteht vielmehr in manchen Städten von Alters
her die Uebung, Exkremente aus Trockenabtritten in Kanäle fallen zu lassen,
und. man hat dieselben sogar bei verbesserter oder neuer Kanalisation beibe-
halten, sei es um den Hausbesitzern, falls sie nicht freiwillig zu Wasser-
klosets übergingen, die Kosten von Aenderungen zu ersparen, sei es weil eine
Druckwasserleitung fehlte, z. B. Aachen, Bonn, Linz, Salzburg, Würzburg.
Als üble Folge ergiebt sich dann Aufsteigen von Kanalgas durch die Abtritte
in die Häuser, und längeres Ablagern von Koth in den Hauskanälen, und man
kann weder dem ersteren durch Verlängerung der Fallröhre über Dach (als
Dunstrohr) vollständig abhelfen, noch dem letzteren durch Vorschrift starker
Gefälle für die Hauskanäle (in Linz 0,1). Besser wirkt schon gegen Beides
fleissige Durchspülung der Hausröhren, wie sie z. B. in Salzburg mittelst
Schlauch aus dem nächsten Hydranten geschieht, auch in Liverpool und Danzig
bei primitiven Aborten in ärmeren Wolnungen.!) Immerhin bleiben Trocken-
abtritte bei vollkommenem Schwemmsystem nur ein Nothbehelf.
IX. Spülung.
Zum Spülen von Kanälen kommen folgende Wasser in Betracht:
1) Vierteljahrschrift für öffentliche Gesundheitspflege 1871, 587 und 1874, 493.