Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
SET ET ET TEE EEE LE SEE EEE IT TE 
310 Reinigung von Kanalwasser. 
werden. Folgerichtig wären Vorschriften betreffs Reinhaltung der Flüsse auf 
alle Gattungen städtischer Kanalwässer zu beziehen und müssten dieselben 
lediglich den Gehalt an Stickstoff, Chlor usw. zum Ausgangspunkt nehmen. 
Ebenso verhält es sich in infektiöser Hinsicht, wenn man trotz der 
grossen Unwahrscheinlichkeit das Verschleppen von Krankheitskeimen durch 
Flusswasser sicher verhindern will.}) Denn einmal können sich Exkremente 
auch in sogen. fäkalfreie Kanalwasser einschleichen und dann befinden sich in 
solchen jedenfalls sonstige Dejektionen von Kranken, als Träger bestimmter 
Kontagien. Wie es hygienisch unzulässig ist, zwischen Trinkwasser und Nutz- 
wasser zu unterscheiden, irdem das eine so gefährlich sein kann wie das andere, 
so giebt es auch bei den Kanalwässern keine qualitativen, sondern nur quanti- 
tative Unterschiede und wären letztere hauptsächlich durch das Mikroskop fest- 
zustellen, um die Flussverunreinigung zu beurtheilen. 
Fest steht ja die Schädlichkeit faulender organischer Substanzen auch 
ohne Infektion durch Pilze Aber Fäulniss tritt in fliessendem Wasser, 
wo reichlich Sauerstoff vorhanden, nicht mehr ein. Wichtig ist dagegen, dass 
nicht bereits faulende Materien hinein gelangen, so dass man vom Standpunkt 
der Flussreinheit dem Abwasser eines rationellen Kanalsystems entschieden 
den Vorzug vor ungeregelter Einleitung alter Kanäle, Gruben-Ueberläufe u. dgl. 
geben muss. Wenn für das Ansehen offenkundige Verunreinigung durch 
Fäkalien häufig noch widerlicher ist als die Beimengung anderer Dinge, so 
kommt doch auch das Umgekehrte vor, je nach der Masse und dem Stadium 
der Zersetzung, welches man gewahrt. 
2. Verdünnung. Das quantitative Verhältniss zwischen Unrath und 
Flusswasser lässt sich am übersichtlichsten durch die Einwohnerzahl dar- 
stellen, welcher die Gesammtmenge der im Kanalwasser enthaltenen Stoffe bei- 
läufig proportional sein muss. Bei einem Vergleich zwischen mehreren 
Städten wären immerhin gewerbliche Thätigkeit, Lebensweise, Exkrementen- 
Behandlung mit zu berücksichtigen. 
Auf Seiten des Flusses kommt dessen kleinste Wassermenge in Betracht. 
Darunter sollte jedoch nicht sowohl ein Minimum verstanden werden, welches 
vielleicht in 100 Jahren einmal vorgekommen ist, sondern der Durchschnitt ans 
den kleinsten Wassermengen während einer längeren Jahresreihe, wie es auch 
beim Vergleich zwischen verschiedenen Flüssen im Wasserbau üblich ist. In 
der nachfolgenden Tabelle sind die aus verschiedenen Quellen entnommenen 
Zahlen in diesem Sinne wohl nicht alle gleichwerthig. Die Verhältnisszahl 
der Exkremente ist ebenso wie auf $. 236 verstanden. 
Auf andere Weise verglichen gelangen z. B. in Paris in 1 Sek. durch- 
schnittlich 3 cbm Kanalwasser in 45chm Flusswasser. Es giebt jedoch noch 
weit stärkere Grade der Verunreinigung, als sie hier aufgezählt sind, 
besonders in gewerbreichen Städten und Gegenden. So gehen in Dortmund 
0,2 cbm Kanalwasser in 1 Sek. in die Emscher, deren Mittelwasser nur 0,9 chm 
in 1 Sek. liefert, und im Salzbach unterhalb Wiesbaden mischen sich Kanal- 
wasser und Bachwasser zu gleichen Tkeilen (je 0,08 cbm bei N.W.)' Der stärkst 
verunreinigte schiffbare Fluss dürfte der Clyde sein, in welchen Glasgow 
mehr als die Hälfte seiner Wassermenge an Kanalwasser ergiesst, und wo in 
Folge des schwachen Gefälles und der Tidebewegung viele Wochen vergehen, 
bis die Abfälle das Meer erreichen. 
Mit den aufgezählten Städten nicht zu vergleichen und deshalb aus der 
Tabelle weggelassen sind solche Städte, bei welchen im Rezipienten nicht 
einfacher Ablauf stattfindet, sondern abwechselnde Hin- und Her-Bewegung, 
sei es durch die Tide, sei es durch Einfluss von Winden auf Flussmündungen. 
, gehören Hamburg, Emden, Lübeck, Rostock, Stettin, London, Liver- 
pool u. a. 
Um mun den Grad der Verdünnung festzustellen, bei welchem die Schäd- 
lichkeit aufhört — dem stärksten Gift kommt ja ein solcher zu — könnte man 
etwa von den sog. Grenzzahlen von Trinkwasser (deren Bedeutung und Richtig- 
keit freilich angefochten wird) ausgehen. Gemäss dem Durchschnitt aus den 
1) 8. das Verhalten von Mikro-Organismen im Wasser, AI.
	        
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