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312 Reinigung von Kanalwasser.
Exkremente unterstellt haben, sondern Humus ı. a. m., was weder chemisch
noch pathologisch gleichwerthig ist. Es handelt sich nicht nur um die Ge-
sammtmenge, sondern auch um die Art und den Ursprung der einzelnen
organischen Stoffe. Hierfür giebt es noch ‘keine Grenzzahlen, sondern nur
Gefühlsmeinungen, welche zwischen der absoluten Unzulässigkeit von Exkrementen
in Flüssen und der thatsächlichen Unschädlichkeit gar mancher exkrementiell
verunreinigter Flüsse schwanken.
3. Selbstreinigung des Flusses. Man versteht darunter die Eigen-
schaft der Flüsse, aus der in ihnen enthaltenen Luft Sauerstoff an organische
Stoffe und Fäulnissprodukte abzugeben, und solche dadurch in unorganische
Verbindungen zu verwandeln (Oxydation 8. 162). Bei einigen wenigen leicht
oxydirbaren Bestandtheilen, z. B. Schwefelwasserstoff, geschieht dies direkt, bei
den meisten organischen Stoffen aber unter Einwirkung von Kleinwesen als
Ferment. Die hierzu erforderliche Vermengung von Wasser mit Luft steigert
sich mit der Geschwindigkeit des Flusses, daher letztere sammt dem Ge-
fälle in obiger Tabelle mit angegeben sind. Um den gleichzeitigen Einfluss
von Wassermenge und Geschwindigkeit zu beurtheilen, könnte — in Ermange-
lung genauerer Sachkenntniss — etwa geradezu das Produkt aus beiden
dienen. In der letzten Spalte der Tabelle sind die betreffenden Ziffern
berechnet, welche nun einen annähernd zutreffenden Vergleich der Städte
gestatten. Es zeigt sich daraus, wie richtig es war, in Städten wie Breslau
und Paris Reinigung des Kanalwassers vorzuschreiben, in Dresden und Stuft-
gart wenigstens die Exkremente auszuschliessen. Andererseits dürfte nach
Ansicht des Verfassers in manchen Städten selbst unter künftiger Erweiterung
derselben und bei Durchführung des vollständigen Schwemmsystems eine direkte
Ableitung in den Fluss zulässig sein. In Neisse, wo die Vergleichsziffer 13
beträgt, wurde sie von Seiten der Regierung genehmigt.
Nützlich für die Selbstreinigung eines Flusses sind auch Stromschnellen
und Wehre. Die Mineralisirung erfolgt schon bei ausgebreitetem Kanalwasser
an der Luft, jedoch langsamer als im Fluss, wo die Vermischung mit Luft
gefördert ist; ferner bei niedriger Temperatur langsamer als bei hoher (aber
auch Fäulniss im Sommer stärker als im Winter), bei einer bereits faulenden
Substanz langsamer als bei frischen organischen Stoffen, wie sie ein richtiges
Schwemmsystem liefert. Gelöste organische Substanz fällt der Selbstreinigung
viel schneller anheim als ungelöste, Harn schneller als Koth. Sonstige Ein-
wirkungen auf diesen Vorgang können durch die aus Gewerben stammenden
Chemikalien, durch die mineralischen Bestandtheile des Flussbettes und die
entsprechenden Sinkstoffe im Fluss (Eisenoxyd, Kalk usw.) stattfinden. Inso-
fern diese Dinge antiseptisch wirken, was namentlich bei Säuren der Fall,
hemmen sie die Thätigkeit der empfindlichen Kleinwesen, somit die Selbst-
reinigung des Flusses. Günstig können Fische und Wasserpflanzen mitwirken.
Zu letzteren gehören namentlich auch im Wasser lebende Algen, welche zu
ihrem Wachsthum die entstehende Kohlensäure zerlegen, aus derselben den
Sauerstoff zurückgeben und damit die Oxydation befördern. Jedoch setzt diese
reinigende Vegetation einen hohen Grad der Verdünnung voraus. In konzen-
trirter Schmutzflüssigkeit würde statt dessen eine Vegetation von Fäulnisspilzen
eintreten.
Wie alle die angeführten Umstände und Dinge sich bei der chemischen
Veränderung verhalten, gestaltet sich natürlich höchst mannigfaltig. Die Beob-
achtungen über Selbstreinigung ergeben desshalb nach der Individualität des
Flusses und des Kanalwassers, sowie nach den quantitativen Verhältnissen sehr
verschiedenartige Resultate. Während den englischen Flüssen diese Eigenschaft
fast aberkannt werden musste, haben amerikanische und deutsche Flüsse in
manchen Fällen, namentlich an.den gelösten Stoffen, recht befriedigende Erfolge
gezeigt, auch gleichzeitig Veränderungen an den Mikroorganismen. So zeigt
sich die Pegnitz in Nürnberg, trotz Einleitung von Brauchwasser und Ex-
krementen, nur auf kurze Strecken verunreinigt. Ferner konnte in Breslau
zur Zeit, als noch sämmtliches Kanalwasser in die Oder lief, unterhalb der
Mündung des Hauptkanals eine plötzliche Zunahme an organischen Stoffen,
an Ammoniak, an Bakterien wahrgenommen werden; weiterhin wich aber die
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