| Erfolge und Kosten der Berieselung. 351
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Was die Ausdünstung von Rieselfeldern, die Verschlechterung der Luft
betrifft, so sind die oben aufgezühlten Kulturmethoden von verschiedenem
Werth; am günstigsten ist die Untergrund-Berieselung. Aber auch die Methoden
(1) und (2) sind ziemlich harmlos, im Falle nur jedes längere Stagniren frischen
Kanalwassers verhindert wird, recht lästig dagegen die Methoden (3) und (4)
bei welchen prinzipiell das Wasser über faulendem Schlamm ganz oder fast
unbeweglich bleibt; sie sollten namentlich im Sommer jeweils nur einige Tage
dauern. Im Winter werden freilich von Manchen Einstaubassins für noth-
wendig gehalten, weil die Bewässerung von Pflanzen trotz der Wärme des
Kanalwassers unerwünscht ist, während sie z. B. in dem milden Klima Englands
fast immer fortdauert. Doch könnte man wenigstens filtriren statt einstauen,
wie es in dem lockeren Sandboden Danzigs geschieht, oder zur Aushülfe vielleicht
Waldboden überstauen. Natürlich sind gehörige Abstände von Wohnungen und
Windrichtungen wohl zu beachten. Im ganzen sind gesundheitsschädliche Ein-
flüsse für die Umwohner durch Verunreinigung von Boden, Wasser oder Luft
noch nirgends nachgewiesen, vielmehr dahin gehende Klagen oder Befürchtungen
bei genauer Prüfung als unbegründet erkannt, so namentlich bei Danzig,
Berlin, Paris. Bei Berlin liegen Dörfer und Anstalten für Genesende un-
mittelbar neben Rieselgelände, Das Gleiche gilt bezüglich der auf Riesel-
feldern angebauten Gewächse, welche höchstens bei fehlerhaftem Betrieb zu
ans geil ausfallen, aber als Nahrungsmittel vollkommen tauglich sind.) —
Erfolge und Kosten einer Berieselung sind in hohem Grade abhängig von
dem Verhältniss zwischen Wassermenge und Rieselfläche. Im allgemeinen
gehen die Ziele der Reinigung und der landwirthschaftlichen Verwerthung von
Kanalwasser Hand in Hand, und fallen unter günstigen Bedingungen gleich-
| zeitig gut aus. Indessen kann doch der Kostenaufwand für Grunderwerb
verschiedene Standpunkte veranlassen. Damit die gegebene Dungkraft des
| Kanalwassers landwirthschaftlich möglichst ausgenützt werde, bedarf es eines
sehr bedeutenden, ja eines möglichst grossen Geländes, auf dem das Wasser
wiederholt verwendet wird. Der hygienische Erfolg wird dann gleichsam
nebenher mit erreicht. Wo aber an Fläche gespart werden soll, rückt der
landwirthschaftliche Gesichtspunkt in zweite Linie, und man sucht auf einer
möglichst kleinen Fläche eine hygienisch eben genügende Reinigung zu
erzielen. Letzteres ist der häufigere Fall, indem die meisten Städte genöthigt
waren, Rieselfelder selbst anzulegen. Auch der Betrieb erfolgt an manchen
Orten noch in Regie, an anderen mittelst Veıpachtung der einzelnen Rieselstücke.
Am wünschenswerthesten würde es ja sein, private Grundbesitzer als Abnehmer
von Kanalwasser, ja Konkurrenz unter denselben zu gewinnen, unbeschadet
der erforderlichen sanitären Kontrole über deren Gebahren. Solches geschieht
| in ausgedehntem Maasse bei Paris, neuerdings auch bei Berlin, und sicherlich
| wird sich das Regiegeschäft um so eher und vollständiger in Privatthätigkeit
her | verwandeln, je zweckmässiger es geführt ist, um den Erfolg der, noch weniger
g it | geläufigen Rıeselwirthschaft praktisch darzuthun. Lehrreich für diesen Gegen-
stand ist auch Freiburg. Hier bestand von altersher ein grosser Wiesen-
komplex in genossenschaftlichem Betrieb, bewässert von einem durch die Stadt
ziehenden Gewerbekanal, welchem auch Abwasser zukamen. Diese Fläche
ger- | blieb zunächst zur Aufnahme und Verwerthung des Kanalwassers bestimmt,
ige auch nach Einführung einer systematischen Kanalisation mit Wasserklosets.
Da zeigten sich aber bald Schwierigkeiten. Denn trotz der reichlichen Aus-
igten dehnung jener Fläche war das Kanalwasser nicht jederzeit unterzubringen
| (z. B. in der Heuernte nicht) und verunreinigte dann weiter unterhalb gelegene
Bäche und Ortschaften stärker als vordem. Man wird daher (wie es jetzt auch
in Freiburg auf städtischem Gelände bevor steht) statt des gleichförmigen
Wiesenbaues eine gewisse Mannichfaltigkeit landwirthschaftlicher Nutzungen
Past ' einführen müssen, welche in der Verwendung des Kanalwassers mit einander
=, abwechseln, Solches kann aber nicht dem Belieben von Privaten überlassen
1) Eine Zusammenstellung offizieller ausländischer Urtheile über den Werth oder Unwerth
der Berieselung giebt Varrentrapp in der Vierteljahrschrift für öffentl. Gesundheitspflege 1878,
J 581. Deutsche Aussprüche von Behörden uud Vereinen finden sich in vielen Quellen.