Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
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54 Vollzug.von Bebauungsplänen. 
wie es für grosse S'trassenzüge, Eisenbahnen, Kanalisation usw. zu fordern ist. 
Nur mit Hülfe eines umfassenden Generalplans lassen sich namentlich 
verschiedenartige Stadttheile passend gruppiren (A III 4), die Kreuzungsstellen 
zwischen Strassen, Eisenbahnen, Wasserläufen mit ihren Höhenunterschieden 
gehörig einrichten, geeignete Plätze für öffentliche Gebäude und Anlagen vor- 
sehen, desfallsige spätere Verlegenheiten und Kosten, über welche jetzt so 
manche Stadt zu klagen hat, vermeiden. Besonders ist aber zu beachten, dass 
bei enger Begrenzung von planmässig eingetheilten Bezirken die Baulust 
ausserhalb derselben sich weder regeln noch ganz verbieten lässt (vergl. C V); 
es entsteht daher eine gemeinschädliche und nicht leicht wieder gut zu 
machende Unordnung im Bauwesen; oder es müssten jenseits ad hoc einzelne 
Baulinien, bezw. kleine Planstücke eingeflickt werden, was leicht zur Willkür 
gegenüber Baulustigen führen kann. In Braunschweig ist zwar das betreffende 
Verfahren mit Frist von 14 Tagen ausdrücklich vorgesehen, aber nur als 
Nothbehelf bei Aussenbauten, welche die Entwickelung des Ortsbauplans 
erschweren würden. 
Aus diesen Gründen empfiehlt es sich, Stadterweiterungen stets in grossem 
Umfang zu entwerfen.!) Dieser ist eventuell nur durch örtliche Hindernisse 
beschränkt (A III). : 
Andererseits lassen sich nicht alle Bedürfnisse und Gewohnheiten der Zu- 
kunft voraus sehen. Wollte man deshalb einen grossen Plan häufigen Abände- 
rungen unterziehen, so würden sich die Werthsverhältnisse verschieben und 
verderbliche Unsicherheiten im Bauwesen bleiben. Vielmehr besteht der rich- 
tige Weg darin, dass der Generalplan nur die Grundzüge enthält, welche 
einheitlich gewählt werden müssen, während die Ausarbeitung der Einzelheiten 
(Nebenstrassen) nur so weit mitgeht, wie zweifellose bauliche Bedürfnisse, ört- 
liche Bedingungen, bestimmte Grenzen (z. B. Festungswerke bei der Erweite- 
rung von Mainz und Strassburg, Eisenbahnlinien bei derjenigen von Magde- 
burg und Rostock) sie ergeben. Später schreitet man dann mit Spezialbebau- 
ungsplänen bezirksweise fort, wobei jeweils passender Umfang und passende 
Zeit zu wählen, um die Baulust möglichst zwanglos im allgemeinen Interesse 
zu leiten. Dies Verfahren ist auch finanziell zweckmässig, indem nicht von 
vorn herein viele Zukunfts-Strassen und Bauplätze, künstliche Werthe, entstehen, 
demnach die Bodenpreise zugunsten der Wohnungsfrage und der Enteignung 
niedrig bleiben. auch Privatunternehmungen (C IV) Raum behalten. 
Nach gesetzlicher Feststellung des Planes verlieren die Grundbesitzer das 
Recht, auf der Fläche künftiger Strassen und Plätze zu bauen, ausser etwa 
gegen den Revers der Wiederbeseitigung, sobald die Strasse zur Ausführung 
gelangen soll. Da den Grundbesitzern hierdurch kein positiver Nachtheil zu- 
gefügt, nur das ideale Baurecht beschränkt wird, dagegen eine beträchtliche 
Werthssteigerung schon durch die Aussicht auf eine Strasse zugute kommt, 
und übrigens die landwirthschaftliche oder gewerbliche Weiterbenutzung der 
künftigen Strassenfläche unbenommen bleibt, so gebührt ihnen für den „Bau- 
linien-Zwang“ keine Entschädigung.?2) Dieser Grundsatz gilt jetzt in allen 
deutschen Staaten, ausser in Baden, wo die Gemeinde durch Gesetz genöthigt 
ist, das Terrain zur künftigen Strasse alsbald anzukaufen und die Strasse selbst 
auf 45m Breite herzustellen, wenn nur ein einzelner Baulustiger sich nicht 
gutwillig an die projektirte Baulinie halten will. Um nun doch ein einiger- 
massen geregeltes Bauen zu erreichen, ohne grosse Strassenkosten opfern 
zu müssen, hat man wohl durch Ortstatut eine gewisse Stellung und Höhen- 
lage wenigstens zu den bereits vorhandenen Wegen vorgeschrieben (Neckarvor- 
stadt in Mannheim) oder benutzt die Hygiene als Zwangsmittel, indem die 
Bauerlaubniss an unterirdische Entwässerung geknüpft wird (Karlsruhe, Frei- 
burg). Auch das Gesetz über die Stadterweiterung von Strassburg von 1879 
i) Der Badische Städtetag hat beantragt, den oben angeführten Ausdruck zu ändern in: 
„nach der voraussichtlichen Zukunft des Ortes“. 
2) Gewisse Ausnahmen für besondere Fälle sehen namentlich die Gesetze von Preussen 
und Hessen vor, so z. B. wenn ein bereits bestehendes Haus erneuert und dabei in seiner 
Lage beschränkt werden soll. Ueber die Revisionsbedürftigkeit des preussischen Gesetzes in 
etlichen Punkten. Deutsche Bauzeitung 1885, 531.
	        
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