56 Vollzug von Bebauungsplänen.
und der Gemeinde andrerseits bedürfen der gesetzlichen Regelung. Auf Flächen,
welche zu künftigen Strassen und Plätzen bestimmt sind, darf nach gesetzlicher
Feststellung des Planes nicht mehr oder nur gegen Revers gebaut werden.
Dem Eigenthümer gebührt wegen dieser Beschränkung keine Entschädigung,
dagegen das Recht zu verlangen, dass Grundstücke in künftigen Plätzen ange-
kauft werden, sobald die umliegenden Strassen hergestellt sind. Für Zugäng-
lichkeit und Entwässerung von vereinzelten Neubauten muss zunächst durch
die Eigenthümer gesorgt werden. Doch sollte die Gemeinde sich allgemein zur
vollständigen Herstellung und Unterhaltung einer neuen Strasse verbindlich
machen, sobald Sicherheit besteht, dass ein gewisser Theil aller angrenzenden
Grundstückfronten mit Häusern versehen wird.
I. Enteignung und Regulirung.
Durch die Enteignungs-Gesetze der deutschen Staaten wird der zwangsweise
Erwerb von Grundeigenthum zu städtischen Zwecken noch nicht durchweg er-
möglicht und genügend erleichtert. Denn nicht nur das Nothdürftige sollte zu-
gunsten des allgemeinen Wohls gewährt werden, sondern das in technischer
und finanzieller Beziehung „Zweckmässige“ (bayerisches Gesetz), nicht nur das
Nützliche sondern auch das Angenehme (Strassen und Promenaden sind beides
zugleich), ausser dem „Dringlichen“ (Beschränkung in Sachsen) auch das
künftig Sachgemässe, welches später theurer zu stehen kommen kann, endlich
ausser unmittelbaren Staats- und Gemeinde-Bedürfnissen auch andre Korpora-
tionen und Privat-Unternehmungen, sofern dieselben wirklich dem allgemeinen
Wohl dienen.
Aufzählung aller einzelnen Fälle, für welche Enteignung berechtigt ist
(Bayern und Thüringen) bleibt zu koapp für künftige Entwickelungen!), oder
müsste sich nur in allgemeinen Ausdrücken bewegen, z. B. „Stadterweiterungen
mit allem Zubehör“, wozı dermalen Strassen und Plätze, Eisenbahnen und
Wasserstrassen, Schmuck-Anlagen, öffentliche Gebäude und Anstalten, Städte-
reinigung usw. gehört. Sofern die Befugniss zur Enteignung noch von jedes-
maliger besondrer Genehmigung des Fürsten oder der Staatsbehörden abhängt,
ist nur zu wünschen, dass im Interesse der Allgemeinheit, bez. der Gemeinde
möglichst weitherzig verfahren wird, trotzdem nach der vorherrschenden Ju-
ristischen Anschauung Grundeigenthum für heiliger gehalten wird als die be-
weglichen oder persönlichen Güter, auf welche zu allgemeinen Zwecken Anspruch
erhoben werden muss.
Die Genehmigung eines Bebauungsplans und die Ertheilung des Enteignungs-
rechtes zu seiner Durchführung, sind sachlich unzertrennlich; jene stellt bereits
einen Eingriff in Privatrechte dar. Beides sollte daher gleichzeitig und durch
dieselben Instanzen festgestellt werden (Preussen), statt besondre Schwierig-
keiten oder Weitläuftigkeiten für den Zwangserwerb zu schaffen,
In fast allen Gesetzen ist das Recht des Eigenthümers ausgesprochen, den
Ankauf des ganzen Grundstücks zu verlangen, falls die Benutzung eines Restes
unmöglich oder unzweckmässig ist — hier also unfähig zum Bauen. Be-
treffende Normen über die letztere Eigenschaft finden sich jedoch selten.
In Darmstadt sind 60 am Fläche, 5m Frontlänge und 9m Tiefe, im Worms 100 am,
6m Frontlänge und Im Tiefe als Minimum der Baufähigkeit angegeben.
Dagegen besteht das Recht der Gemeinde zum Ankauf des Ganzen nur
in Baden, und zwar dann, wenn der Minderwerth des Restes mehr als 1/, des
vollen Werthes ausmacht (dgl. in der Schweiz). Anderwärts muss daher auf
Kosten der Gemeinde ein an sich unerwünschter Zustand aufrecht erhalten
werden, während es doch im allgemeinen Interesse und selbst in demjenigen
1) In Bayern sind städtische Zwecke nicht genannt, vielmehr ausdrücklich auf den Weg
gütlicher Uebereinkunft verwiesen, der dann bei Gelegenheit der Baugesuche versucht werden
mag, aber nicht grade leicht und billig ist. Um sich in dieser Beziehung zu helfen und einen
Einfluss auf die Gestaltung von Neubauten zu sichern, hat man für die künftige Ringstrasse
um Nürnberg vorgeschlagen, die Baufluchten auf städtischen Grund, etwas vor den Privatgrund
zu legen, damit die Privaten in die Nothwendigkeit versetzt werden, städtisches Eigenthum
zu erwerben, und dabei gewissen Bedingungen über die Art ihres Bawes unterworfen werden
können.
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