Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
  
  
  
Kostendeckung. 59 
händig zu Selbstkosten, sei es durch Versteigerung. Wo dagegen die Gemeinde 
neue Strassen auf Privatgelände herzustellen beabsichtigt, ist ein fester Grundsatz 
über die Kostendeckung nöthig, da eine Verzinsung durch den Betrieb, wie 
bei Wasserleitungen, Eisenbahnen u. a. nicht in Aussicht steht. Die Kosten 
sind durch den Erfolg zu decken, und dieser besteht theils in Werth- 
steigerung der Grundstücke, wenn ihnen eine städtische Strasse statt 
bisheriger Landstrassen oder Feldwege nahe rückt, theils in Vortheilen und 
Annehnlichkeiten für die Gesundheit, Aufschwung von Handel, Gewerbe 
und Verkehr der ganzen Stadt. Daraus ergiebt sich als angemessen eine 
Theilung der Kosten zwischen den Anstössern und der Gesammtgemeinde, 
für erstere noch dadurch begründet, dass der ihnen mühelos zufliessende Mehr- 
werth ihres Eigenthums den Strassenaufwand meistens beträchtlich übersteigt, 
für letztere dadurch, dass gewisse Ausgaben (für öffentliche Anstalten) auch 
dann eingetreten wären, wenn der Zuwachs an Bevölkerung lediglich im alten 
Stadtkern verblieben wäre. 
In Preussen, Baden, Hessen, Württemberg, sind die Gemeinden befugt, 
den Massstab der Kostendeckung neuer Strassen zu bestimmen, in Preussen 
und Baden zugleich eventuell die Unterhaltung bis zu 5 Jahren einschliessend. 
Der Massstab wechselt natürlich mit der Ortsgrösse und dem Wohnungs- 
bedürfniss,. In grossen Städten ist der Vortheil der anstossenden Grundbesitzer 
relativ grösser, daher denselben wohl der Gesammtaufwand von Strassen zuge- 
schoben wird (die Gemeinde hat immerhin noch für Anderes aufzukommen), in 
kleinen gewinnt mehr die ganze Stadt und übernimmt auch jetzt noch zuweilen 
Alles. Möglicherweise wechselt der Theilungsmassstab nach Ort und Zeit 
und behält sich die Gemeinde einen desfallsigen Beschluss, bezw. Ausnahmen 
von einer allgemeinen Norm, ausdrücklich vor (Dortmund, Würzburg, Görlitz, 
Prag); wünschenswerther erscheint jedoch, namentlich in grossen Städten, die 
Festsetzung eines unabänderlichen Prinzips. 
Es giebt 3 Arten des finanziellen Verfahrens: Besteuerung, Gegenrechnung 
beim Grunderwerb, einmalige Beiträge. 
1. Besteuerung. d. h. länger dauernde Belastung der Grundstücke, 
proportional zu ihrem Werth, Miethsertrag oder Flächeninhalt. So ist bei der 
Stadterweiterung von Main» der Aufwand für diejenigen Gegenstände, welche 
allen Grundbesitzern auf dem Erweiterungsgebiet zugute kommen, indem sie 
städtisches Baugebiet schaffen, nämlich Beiträge zu neuen Festungswerken, 
freie Plätze und Hauptentwässerungs-Kanäle, ein Gesammtbetrag von-!/, Million fl., 
als Besteuerungsobjekt auf 50 Jahre behandelt.!) Die Steuer bemisst sich nach 
dem Flächeninhalt jedes Grundstücks und zugleich nach der Entfernung vom 
Stadtkern. In letzterer Beziehung ist das Erweiterungsgebiet in 6 Zonen getheilt, 
in welchen die Steuerbeträge für den Flächerinhalt sich wie die Zahlenreihe 
5, 6, 7, 8, 9, 10 verhalten, übrigens auch vor Ablauf der ganzen Steuerperiode 
durch stärkere Abzahlungen getilgt werden können. Diese Methode ist für die 
bestimmt begrenzte Erweiterung von Mainz klar und praktisch, würde sich aber 
bei allmählicher Ausbreitung einer Stadt weniger eignen, weil die Aufwände 
nicht genau genug vorher zu sehen sind. 
In Lübeck?) werden die Kosten der Herstellung und Unterhaltung der 
vorstädtischen Strassen und Wege durch fortlaufende jährliche Abgaben der 
Grundbesitzer aufgebracht. Es ist zu diesem Zweck ein äusserer und ein innerer 
Wegbezirk angenommen. Die Höhe der Abgabe beträgt im äussern Bezirk 
1 pro mille des Kapitalwerthes der Grundstücke, im innern je nach dem Zu- 
stande einer Strasse (Befestigung, Siele) 1—2 pro mille. 
In England können Verbesserungen in der Strassenbefestigung den an- 
stossenden Grundeigenthümern auferlegt werden nach einer Jahresrate von 
61/5, 0/, der Baukosten, zahlbar während 30 Jahren, zu vertheilen nach dem 
Miethwerth der Häuser. Aehnlich ist es in Hamburg gestattet, „einmalige 
Beiträge“ (s. unten 3) in Jahresbeiträge zu 6 %/, während 30 Jahren zu verwandeln. 
Jahresgebühren sind ferner oft üblich und geeignet bei der Kanalisation, 
1) Gesetz vom 28. November 1872. Für die sonstigen Kosten, d. h. die gewöhnlichen 
Strassenkosten, ist die Methode 3 (s. u.) gewählt. 
2) Gesetz vom 30. April 1877. 
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