Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
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Privatstrassen. 63 
ist. Nur zu den Gehwegen sind alle Angrenzer alsbald beitragspflichtig, 
ohne Unterschied ob ihre Grundstücke überbaut sind oder nicht. Dagegen 
fordert man in Hamburg und Bremen vollen Kostenersatz, sobald ein Ausgang 
auf die neue Strasse angelegt wird, indem damit auch unbebauten Plätzen (z. B. 
Gewerbeplätzen) schon ein Vortheil zufliesst. Und in Budapest werden die Bei- 
träge zu neuen Strassen und Kanälen gleich nach deren Herstellung eingezogen, 
in der Annahme, dass schon hierdurch das Motiv der Werthssteigerung aller 
Grundstücke erreicht ist. 
Gewöhnlich macht somit die Gemeinde Auslagen zugunsten der erst 
später Baulustigen. Deshalb nun Zinsen in Anspruch zu nehmen, ist zwar 
vorgeschlagen worden, aber nirgends eingeführt und auch schwerlich gerecht- 
fertigt, weil die Zeit des Strassenbaues im freien Willen der Gemeinde liegt. - 
Es entspricht ihrer Stellung, derartige Unterschiede in den Baukosten zuf sich 
zu nehmen; wo viel Risiko vorkommt, mögen etwa die Normalbeiträge etwas 
höher angesetzt werden. Um indessen die Sache nicht in unbestimmte Zukunft 
fortzuschleppen, könnte auch ein Termin festgestellt werden, nach dessen Ab- 
lauf die Verpflichtung zur Kostendeckung erlischt. Hierfür sind in Lübeck 
20 Jahre nach Fertigstellung der Strasse gewählt; freilich mag dann gegen 
das Ende dieser Zeit die Baulust ins Stocken kommen, um den ihr vortheil- 
haften Termin erst abzuwarten. 
IV. Privatstrassen. 
Bei „Privatstrassen* geschieht die Ausführung durch einen Unternehmer, 
bez. eine Gesellschaft auf eigenem Gelände und auf eigene Rechnung. Der 
Entwurf mag entweder ebenfalls vom Unternehmer ausgehen (Privatstrassen 
im engern Sinne) oder in einem Bebauungsplan durch die Gemeinde festgestellt 
sein. Motive für die Gemeinde: Entlastung von Geschäften und Auslagen, Ver- 
werthung privaten Kapitals und privater Geschäftskenntniss zum allgemeinen 
Wohl, welches jedoch gegen Ausartungen der Spekulation geschützt werden 
muss. Motive iür den Unternehmer: Frühzeitige Herstellung einer Strasse und 
Benutzung zum Häuserbau, ohne auf Gemeindebeschlüsse warten zu müssen, 
Spekulation nach eigenen Ideen über Parzellirung, Häusergattungen usw. Zu 
letzterem Zwecke, welcher Privatkräfte besonders anlockt, sollte aber auch 
möglichst der Entwurf denselben überlassen bleiben, allerdings mit Vorbehalt 
der Genehmigung Seitens der Behörden. Gewisse Gesichtspunkte dazu mögen 
allgemein vorgeschrieben sein (Hamburg, Bremen, Leipzig), und bei der Prüfung 
lautet dann der richtige Grundsatz (Württemberg): die Genehmigung darf nicht 
versagt werden, wenn die Anschlüsse an den allgemeinen Stadtplan und öffent- 
liche Einrichtungen ungestört bleiben. In England wird sogar nur eine 
Anzeige des Vorhabens begehrt, worauf binnen 6 Wochen die Höhenlage der 
neuen Strasse amtlich bestimmt werden muss. Uft wird sich ein Unternehmer 
auch über die Ansichten der Stadtverwaltung im voraus erkundigen, und wird 
der Plan aus gegenseitiger Uebereinkunft hervorgehen, 
Bei Hauptstrassen von grosser Breite und bei Plätzen erscheint es billig, 
dass die Gemeinds etwas zur Kostendeckung beiträgt, indem dieselben weitern 
Kreisen zugute kommen. Häufig dient hier derselbe Theilungsmaassstab wie 
bei Gemeindestrassen, das Maass x in CIII, so in vielen preussischen Städten, 
in Hamburg, Bremen, Leipzig. Dagegen hält sich in Stuttgart, Basel, Wien 
die Gemeinde grundsätzlich mehr zurück, indem man voraussetzt, dass der Unter- 
nehmer dennoch Vortheile zieht. Die weitest gehende Begünstigung geniesst 
der Unternehmer einer Privatstrasse in Prag, wo er nur das Gelände auf 20m 
Breite zu stellen hat, und die technische Herstellung Seitens der Gemeinde be- 
sorgt wird. Insbesondere waltet bei Strassen-Durchbrüchen im Innern einer 
Stadt gewöhnlich das allgemeine Interesse so sehr vor, dass die Gemeinde 
sich wohl stärker betheiligt, besonders wenn davon das Zustandekommen ab- 
hängt. So hat für die König Johann-Strasse in Dresden die Stadt den Grund- 
erwerb und die technische Herstellung auf volle Strassenbreite an den Unter- 
nehmer vergütet, zudem noch einen rückzahlbaren Beitrag geleistet. 
Nach Feststellung des Plans ist das weitere Verhältniss der Gemeinde zum 
Unternehmer wie dasjenige zwischen Bauherr und Akkordant. Zweckmässig 
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