Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
  
  
  
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Sonstige Massregeln der Gemeinde. 65 
scheiden, hier sollen nur die möglichen Formen der Gemeindethätigkeit an- 
geführt werden. 
a) Grundeigenthum. Um das Angebot von Bauplätzen zu vermehren 
und dadurch die Bodenpreise zu verringern, kann Gemeindegelände verpachtet, 
versteigert, freihändig verkauft werden. Eventuell erleichterte Bedingungen 
der Abzahlung, Steuerermässigung, billige Lieferung von Wasser und Gas, Material- 
stellung aus städtischen Steinbrüchen oder Waldungen. Anderseits genaue Vor- 
schriften an die erwerbenden Unternehmer gegen weitere Spekulation mit den 
erworbenen Bauplätzen, über den Charakter der zu erstellenden Häuser, über 
die Termine zu ihrer Vollendung, über die Miethpreise der Wohnungen. 
b) Geld. Unterstützung von Unternehmern kleiner Wohnungen, wobei 
Einwirkung auf deren Gattung und Preis wie unter a bedingt werden kann, 
sowie von Unternehmern nützlicher Verkehrsanstalten, durch welche neue Bau- 
gebiete und Kolonien leichter zugänglich gemacht werden. Dies kann ge- 
schehen in Form von unverzinslichen oder verzinslichen Zuschüssen, von Zinsen- 
garantie und Prämien, durch Nachlass der Beiträge zu Strassenkosten. 
c) Bauten. Frühzeitige Herstellung öffentlicher Gebäude, an welche neue 
Wohnbezirke sich gern anschliessen. Erbauung von Dienstwohnungen, theils 
um Angestellten in der Wohnungsfrage direkt zu helfen, theils um andere 
Wohnungen frei zu machen. Dies wäre namentlich auch Sache des Staates in 
verschiedenen Dienstzweigen, würde dem Verhalten der Beamten in und ausser 
Dienst zugute kommen und in der Regel auch rein finanziell vortheihafter 
sein als die jetzt üblichen Miethsentschädigungen. Ein Zwang zum Benutzen 
solcher Dienstwohnungen mag vielleicht ungeeignet sein, ist aber auch unter 
den jetzigen Umständen nicht erforderlich, weil die Ersparniss an Miethe und 
die Sesshaftigkeit von seiten der Beamten hoch geschätzt werden. 
Als äusserstes Mittel stellt sich endlich noch das direkte Bauen kleiner 
Wohnungen Seitens der Gemeiden dar. Ueber dessen Opportunität sind 
freilich die Meinungen getheilt. In England sind betreffende Versuche voll- 
ständig gescheitert, weil solche Häuser als „Armenwohnungen“ verschmäht 
wurden. Allein bei zweckmässiger Verwaltung dürfte dieser missliebige Cha- 
rakter zu vermeiden sein und es bleibt moralische Pflicht von Grossstädten, 
gegen eine hochgradige Wohnungsnoth mindestens vorüber gehend direkt ein- 
zuschreiten. Die Gemeinden sollen dabei kein Geld zusetzen, sondern thun 
auch finanziell ein gutes Werk, indem sie durch Ausgabe von Pfandbriefen dem 
Privatkapital eine sichere Anlage anbieten, wobei die Verzinsung und Amorti- 
sation erfahrungsgemäss recht wohl gelingt. — 
Sodann ist das Verhalten der Gemeinden zu den nach aussen strebenden 
Baulustigen, insbesondere die Behandlung abgelegener Gebäude zu erörtern. 
Wird der Bau eines Hausea beabsichtigt, ehe eine städtische Strasse besteht, 
so sind ähnliche baupolizeiliche Bedingungen zu stellen, wie bei Häusern an 
Strassen, nämlich Zugänglichkeit bei Feuersgefahr, Vorsorgung mit Trink- 
wasser, Fortschaffung von Regen und Brauchwasser in hygienisch genügender 
Weise. Allein diese Forderungen müssen vorerst gemildert werden, wenn 
man nicht den Bau unmöglich machen will. 
Für Zugänglichkeit werden gesicherte Wege verlangt, deren Breite wie 
folgt vorgeschrieben ist: in Braunschweig 3m, Baden 4,5, Wiesbaden 4-6, Er- 
furt und Weimar 5, Düsseldorf 7m, in Halle ein „der Bestimmung des Ge- 
bäudes und den öffentlichen Interessen genügenden“ Weg, in Württemberg 
überhaupt nur ein fahrbarer Weg von der nächsten öffentlichen Strasse ab. 
Wie für landwirthschaftliche Zwecke sollten auch hier, wo die Sache noch 
wichtiger erscheint, erforderlichen Falls Nothwege über nachbarliches Gut 
erreichbar sein. 
Natürlich ist die künftige Höhenlage zu beachten; eventuell sind Hochkeller 
und provisorische Freitreppen anzulegen. 
Zur Wasserversorgung werden meistens Privatbrunnen genügen. 
Schwieriger fällt die Entwässerung, um weder Unbilliges zu fordern, 
noch Bodenverderbniss zuzulassen (s. Abschnitt über Städtereinigung). In Eng- 
land werden definitive Kanäle verlangt, wenn zwischen dem Hause und einem 
bestehenden Kanal höchstens 30 m Abstand vorhanden, in Wiesbaden bei 40 m 
III. 5 
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