Gewölbte Brücken. 307
Ein anderer theoretisch berechtigter Grundgedanke hat bei französischen
und deutschen Lehrgerüsten vortheilhafte Anwendung gefunden. Wenn man
die oberen Enden zweier symmetrisch einander gegenüber liegender Kranz-
hölzer, Fig. 80, durch einen wagrechten Spannriegel gegen einander absteift,
so ist (abgesehen von der Labilität des Systems) auf die einfachste Weise
Gleichgewicht hergestellt. Die Rolle eines solchen Spannriegels fällt in den
neueren französischen Lehrgerüsten, namentlich für Halbkreisbögen, den wag-
rechten Zangen zu,!) welche vielleicht anfangs nicht in der hier erwähnten
bewussten Absicht angeordnet sein mögen, sondern nur um die Unverschieblich-
keit des Fachwerks zu sichern und den Horizontalschub der Streben des noch
un belasteten Lehrgerüstes aufzunehmen. Doch sagtschon Morandicre bei der
Besprechung dieser Lehrgerüste, von denen wir eins der besten Beispiele, nämlich
das der 22m weiten Halbkreisgewölbe des Aulne-Viadukts in Fig. 82 mittheilen:
„Eine grosse Zange, welche bis zur Schalung reicht, erhält den Abstand der
Streben aufrecht und widersetzt sich ihrer Annäherung an einander, wenn sie
die Last der Wölbsteine tragen.“ Es ist also hier die spannriegelartige Wirkung
der Zangen hervor gehoben. Auch die sehr einfachen Lehrbögen der Luxem-
burger Viadukte zeigen diese Zangen, Fig. 83.
Nun lässt sich aber nicht leugnen, dass Zangen ihrer Natur nach nicht
recht für eine solche Wirkung geeignet sind. Darum ist man bei einigen
Lehrbögen der Saarbrücker Bahn, deren eines auf Taf. XIV, Bd. II, -1 des
Handb. d. Ing. Wiss., Fig. 14, dargestellt ist, dazu übergegangen, statt der
Zangen wirkliche Spannriegel anzuwenden und dieselben zu den wesentlichsten
Theilen des Systems zu machen. Es ist hier das schematisch in Fig, 70 darge-
stellte System zweifach über einander gestellt und nur die Last des obersten
Gewölbetheils durch einen Sprengbock, dessen Streben nun freilich nicht mehr
nnunterbrochen durchgehen können, abgefangen. —
Die Binder werden bei grossen Brücken meistens so eng neben einander
gestellt, dass sie die Schalung unmittelbar aufnehmen können. Ihr Abstand
beträet 1 bis 2m, in der Regel etwa 1,5m. Bei kleineren Brücken legt man
auf die Binder Pfetten und auf diese Sparren, welche erst die Schalung
tragen. Die Theilung der Zwischensparren wählt man etwas kleiner als die der
unmittelbar die Schalung tragenden Binder. Man kann als mittleres Maass Im
für diese Theilung annehmen. Im einzelnen Fall ist zu untersuchen, welche An-
ordnung billiger wird: lauter Binder, oder Binder mit Pfetten und Zwischen-
sparren. Es kommt hierbei auf die Inanspruchnahme an, die man den Hölzern
der Lehrgerüste zumuthen zu sollen glaubt, oder, was dasselbe ist, auf die
Steifivkeit, die man von dem Lehrgerüst verlangt.
Die Schalung endlich wird bei Ziegel- und Bruchstein-Gewölben durch
höchstens 15 em breite, 26 mm starke Bretter, bei Quadergewölben durch '/;, bis
21/,, cm starke Schalhölzer gebildet, von denen gewöhnlich eines unter jeder
Woölbschicht liegt. —
Ueber den Holzbedarf für die Lehrgerüste giebt Mehrtens im
Handb. d. Ing. Wiss., Bd. II. eine Tabelle, welche Angaben für 27 Brücken
enthält. Um einen Anhalt für das Veranschlagen zu bieten, ist hier der Kubik-
inhalt des Holzes durch denjenigen des Gewölbemauerwerks dividirt (wobei wohl
nur der Theil des Gewölbes gerechnet ist, dessen Fugenneigung steiler ist als
der Reibungswinkel). Mehrtens findet, dass die Gesammtmasse des Holzwerks
verschiedener Lehrgerüste in nahezu konstantem Verhältniss zur Masse der
zugehörigen Gewölbe steht. Durchschnittlich kommt 1/,cbm Holz auf 1ebm
Gewölbemauerwerk. Für Konstruktionen mit weit gestellten Bindern dürfte
mindestens 1/,ebm erforderlich sein. Dass bei hohen Viadukten die etwaige zur
Unterstützung des eigentlichen Lehrgerüstes dienende Unterrüstung besonders
veranschlagt werden muss, braucht kaum erwähnt zu werden.
Eine recht ausführliche Tabelle über 16 Brücken bringt Louis Hoff-
man in d. Z. f. Hann. (1881. S. 567). Der von ihm erwähnte Maasstab für die
Kosten ist indessen etwas komplizirt und erscheint insofern nicht ganz zweck-
1) z.B. Viadukt v. St. Antoine, Fig. 81, wo die Zangen allerdings für den erwähnten
Zweık noch zu tief sitzen.
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