Der Brückenbau.
Bockwinde dient dazu, um mittels eines über die Rolle an die Spitze des Bockes
geführten Seiles die Materialien zu heben. Man stellt den Bock nun so nahe an
die Bauwerkstirn, dass zwischen seinen Füssen und der Stirn Platz zum Auf-
ziehen ist, neigt den Kopf um die Hälfte des Zwischenraums nach dem Bau-
werk, zieht auf und neigt dann den Bock weiter über, so dass das Material
senkrecht auf das Bauwerk hinab gelassen werden kann.
Für die Entscheidung, welche Gerüst-Art im gegebenen Fall angewendet
werdensoll, ist der Kostenpunkt massgebend. Man hat zwar gegen die fliegenden
Gerüste geltend gemacht, dass sie die Pfeiler während des Baues in ungünstiger
Weise belasten. Dies ist indess nicht erheblich, wie viele gelungene Aus-
führungen mit solchen Gerüsten erweisen und wie man sich auch durch
Rechnung klar machen kann. Nicht zu leugnen ist, dass sie einige Unbequem-
lichkeit für den Pfeilerbau mit sich bringen und mehr Sorof falt und Geschicklichkeit
der Mauer erfordern, um gute Arbeit hervor zu bringen. Insbesondere legen sie
die Gefahr nahe, dass ganz frische Mauertheile dur ch Betreten oder durch starke
Belastung ein zelner Punkte beim Anheben der Gerüste gelockert werden.
Es ist indess zu beachten, dass auch bei festen Gerüsten das Betreten des
Pfeilermauerwerks während der Ausführung nicht ganz vermeidbar ist, sobald
die Pfeilermaasse nicht ganz schwach sind. Andererseits muss wieder angeführt
werden, dass viele und grosse Viadukte in untadelhafter Weise „über Hand“
gemauert worden sind. Man wird also diesen Erwägungen nur. insoweit Ge-
wicht beilegen können, dass man, ehe man zu einem Bau mit fliegenden Gerüsten
schreitet, sich überzeugt, ob Maurer und Arbeiter der erforderlichen Ge-
schicklichkeit zur Verfügung stehen.
Abgesehen hiervon entscheiden also die Kosten. Dieselben sind hinsichtlich
der Anlage bei festem Gerüst viel bedeutender als bei fliegendem. Dagegen
wird die Materialförderung im ersten Fall im allgemeinen billiger, als im
zweiten. Die Kosten der festen Gerüste werden von der Höhe des Bauwerks
yeeintlusst; die der fliegenden sind davon unabhängig. Man wird daher niedrige
Bnlen fest berüsten, "sehr hohe fliegend. Die Grenze der Höhe, bei welcher
beide Rüstungsarten gleich viel kosten, lässt sich allgemein nicht angeben. In
zweifelhaften Fällen muss vielmehr vergleichende Veranschle lagung ergeben, ob
feste oder fliegende Rüstung billiger wird.
Hervor heben wollen wir jedoch noch, dass die Grösse der zu verwendenden
Steine Einfluss auf die Wahl der Rüstungsart hat, da grosse, schwere Quader
die Entscheidung auf die Seite der festen " Rüstung hinüber lenken. Wir sehen
hierin einen Umstand, der, wie viele andere, gegen die Verwendung grosser
Quader im Brückenbau spricht. Hart gebrannte. Ziegel und lagerhafte feste
Bruchsteine mit gutem hydraulischem Mörtel sind unserer Ansicht nach die
Materialien, welchen die Zukunft des Brückenbaues gehört.
Wir schliessen hieran die Beschreibung zweier grösserer Brückenrüstungen
der neuesten Zeit.
Der gewölbte Viadukt der Rheinischen Bahn bei Herdecke!) hatte feste
Rüstung en, jedoch in einer Weise, welche dem oben in dieser Richtung Gesagten
wenig entspricht. Seine grösste Schienenhöhe über der Flusssohle (der Ruhr)
ehren 80,45m, Die zu verwendenden Bruchsteine kamen sämmtlich aus dem
oberhalb des Viadukts an die Dammschüttung anschliessenden Bahneinschnitt.
Es schien also Alles auf eine volle Einrüstung des Thalprofils und Anlage
wagrechter Arbeitsbahnen hinzuweisen. Dennoch wurde hiervon Abstand
genommen und nur eine feste Berüstung der Pfeiler ausgeführt, an deren jedem
senkrechte Hebung der Materialien stattfand.
Man hatte an die Durchführung eines Arbeitsgleises neben dem Viadukt
gedacht, welches in Stockwerken von je 5m Höhe allmählich höher gelegt werden
sollte. Hiergegen sprach zunächst der erhebliche Aufwand von Holz, sodann
die Unterbrechung der Bauarbeiten bei dem jedesmaligen Aufrüsten eines
Stockwerks, ferner zu befürchtende Störu ungen der anschliessenden Dammschüttung.
Der Holzaufwand wäre. noch durch die Nothwendigkeit erhöht worden, alle
Pfeiler gleichzeitig berüsten zu müssen. Auch wären an allen Pfeilern Lauf-
1) Z. f. Bauk. 1881.
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