Der Strafsenbau.
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dem Tode des Kaisers Friedrich II. von den Reichsständen erneuert wurde, die
Breite der Wagenwege zu 16 Fufs bestimmte, scheinen die meisten deutschen
Handelswege doch erheblich schmaler gewesen zu sein. Die ungenügende Breite
war um so empfindlicher, als die Strafsen grolsentheils in tiefen, theils von der
Natur durch Wasserablauf gebildeten, theils künstlich hergestellten, Einschnitten
lagen. Bei dem damals allgemein üblichen Weiden des Viehes waren die
Stralsen zum Schutze mit hohen lebenden Zäunen oder mit engen Holzvergitte-
rungen, in der Nähe der Städte sogar mit Mauern begrenzt.
‚Bis in das 18. Jahrhundert hinein wurden die Landstralsen nicht selten mit
Faschinen oder Baumästen befestigt, weshalb in den Schriften des 16. bis 18.
Jahrhunderts sich oft der Ausdruck verfaulte Strafsen findet; eine solche Stralse
war z. B. noch im vorigen Jahrhundert in Appenzell beider Rhoden vorhanden.t)
Hierzu kommt noch, dass die ausgedehnten Waldunsen neben den Stralsen
nicht gelichtet wurden und dass diese Waldstrafsen bei Regenwetter und im
Winter um so weniger fahrbar waren, als an Woasserabzügen alleemein
Mangel herrschte.
Dass es nicht an einsichtigen Männern fehlte, welche die vorhandenen
Uebelstände erkannten und den stets erneuerten Klagen der Handeltreibenden
Abhilfe zu schaffen suchten, beweisen die bezüglichen Anordnungen der meisten
deutschen Kaiser. So hat z. B. Karl IV. im Jahre 1372 seinen Bruder Wenzel
zum „Stralsenaufseher von ganz Deutschland“ ernannt. Aber alle Bemühungen
wurden vereitelt durch die allgemein herrschende, völlig unrichtige Anschauung
vom Nutzen guter Wege.
Es scheint sogar, als ob vielfach die Wege absichtlich in schlechtem Zu-
stande gehalten worden sind, weil man durch gute Wege die im Mittelalter fast
immer drohende Kriegsgefahr noch zu vergrölsern fürchtete und durch mög-
lichste Unzugänglichkeit des Wohnortes sich gegen Truppendurchzüge und der-
gleichen zu schützen suchte.
Im Interesse des Handels Aufwendungen zur Verbesserung der Wege zu
machen war man wenig geneigt. Denn man glaubte, dass der Handel nur den
— viel beneideten und gehassten — Kaufleuten Nutzen bringe.
Auch auf die Verbesserung der Verkehrswege zur Erleichterung des
geistigen und geselligen Verkehrs wurde kein Gewicht gelegt. Die mit erofsem
Aufwand an Zeit und Geld unter Lebensgefahr und Entbehrungen aller Art
unternommenen Reisen wurden zu Pferde gemacht; das Fahren ward als un-
männlich verachtet.
So erklärt es sich, dass Jahrhunderte lang für Strafsenverbesserung fast
nichts geschah als allenfalls die Erbauung von Brücken und die Pflasterung
städtischer Strafsen.
ad) Die Strassenpflasterung in den Städten.
Ausserhalb Italiens, wo bekanntlich schon zur Römerzeit die Strassen der
Städte kunstmässig befestigt waren, finden wir zuerst in Europa um das Jahr
850 Strassenpflaster in der Stadt Cordova.?)
In Paris begann man mit der Pflasterung der Strassen unter Philipp II,
im Jahre 1184, in Nürnberg und Strassburg im 14. Jahrhundert. In Augsburg
wurde mit der Pflasterung 1415 durch einen reichen Kaufmann begonnen,
welcher vor seinem Hause einen besteinten Vorgäng anlegen liess. Leipzig,
Dresden und andere Städte hatten im 14. oder 15. Jahrhundert ebenfalls schon
gepflasterte Strassen.
Berlin war noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts nicht voll-
ständig mit Stralsenpflaster versehen.
Stralsenreinigung war natürlich vor Einführung des Pflasters ganz un-
bekannt; absichtliche Verunreinigungen der Strafsen waren nicht untersagt.
Noch erheblich verschlechtert wurde der Zustand durch das Halten von
Schweinen, welche auf den Stralsen frei umherlaufen durften; solches wurde
z. B. in Berlin erst 1861 verboten.
!) Bavier, dle Strafsen der Schweiz. 8. 37.
2) Deutsche Bauzeitg., 1888, 8. 262.
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