Die Dieselmaschine. 137
die niedrigste Zündtemperatur aufweist, die hierdurch bedingte Temperatursteige-
rung führt dann zur Entzündung der ganzen Masse. Die Verbrennung der zuerst
eingespritzten Öltröpfchen findet insofern unter günstigen Bedingungen statt, als
für sie noch die gesamte Verbrennungsluftmenge bereit steht, wenn auch durch die
eintretende Einblaseluft in der Temperatur herabgesetzt. Die später zugeführten
Brennstoffteilchen finden infolge der eingetretenen Verbrennung zwar eine höhere
Temperatur vor, doch ist der Sauerstoff der Verbrennungsluft zum Teil schon ver-
braucht, die Verbrennungsgeschwindigkeit wird nach vorübergehendem Ansteigen
um so mehr verzögert, je mehr die Menge der Verbrennungsprodukte im Brennraum
zunimmt. Die Verbrennungszeit der letzten unmittelbar vor Schluß des Brennstoff-
ventils eingespritzten Ölteilchen wird dadurch verlängert, so daß jede Dieselmaschine
Nachbrennen zeigen muß.
Den durch diese Vorgänge entstehenden zeitlichen Abstand zwischen Einblasen
und Verbrennen, den ‚„Verbrennungsverzug‘, hat Neumann!) zahlenmäßig er-
mittelt (Abb. 145). Die Kurve f(p) = y gibt den Verlauf des Einblasens, x = (op)
den Verlauf der Verbrennung wieder. Die Ein-
blasedauer erstreckt sich über 40°, die Verbren-
nungsdauer über 78° Kurbelwinkel, so daß mit
4° Voröffnen für n — 216 Uml./min das letzte %
Brennstoffteilchen die Verbrennungszeit
70
dq kcal
60-Ap 60 (74° — 36° Fe
-/AOD —
ie | nn 0,0293 sek
erfordert, die größer ist als die für jedes vorher ein- S 300
. , . . SS
geführte Teilchen. Kurve 2 — f(e) gibt die Ver- S _ 200
S <
brennungsgeschwindigkeit an und weist, wie zu er- SD 2] 1709
warten ist, einen ausgesprochenen Höchstwert auf. 9 N 9
ur ; 4 _TP 36 0
Die Gleichdruckverbrennung, d. h. die Aus- Kurbelwinkel y
bildung einer im Diagramm wagerecht verlaufen- Abb. 145. Verbrennungsverzug nach
den Brennlinie, ist durchaus nicht für die Diesel- K. Neumann,
maschine kennzeichnend, sondern die selbsttätige
Entzündung der eingespritzten Ölmenge infolge der hohen Verdichtungsendtem-
peratur der Luftladung. Das Gleichdruckverfahren wird bei langsam laufenden
Maschinen vorgezogen, um nicht durch Überschreitung des durch bestimmte Rück-
sichten (siehe 8. 45) festgelegten Verdiehtungsdruckes das Triebwerk zu belasten.
Um bei schnell laufenden Maschinen möglichst rechtzeitige Verbrennung zu er-
zielen und Nachbrennen und Rußen zu vermeiden, wird bei diesen der Brennstoff
früher vor der Totlage eingeführt, wodurch sich eine ansteigende Brennlinie ergibt,
die den Brennstoffverbrauch günstig beeinflußt. Jnfolge der durch die höhere Um-
laufzahl bedingten Vergrößerung der Massendrucke wird hierbei der Triebwerkdruck
nicht über den bei langsam laufenden Maschinen üblichen Betrag gesteigert. Es ist
aber nicht nur das Brennstoffventil rechtzeitig zu öffnen, sondern auch dafür zu
sorgen, daß sofort mit der Ventileröffnung Brennstoff in den Brennraum tritt,
damit die Verbrennung vor Einführung größerer Einblaseluftmengen eingeleitet und
die nötige Entzündungstemperatur für die nachfolgenden Brennstoffteilchen ge-
schaffen wird. Strömt zuerst, vor dem Brennstoff, Einblaseluft in größerer Menge
dem Brennraum zu, so sind Fehlzündungen, stoßender Gang der Maschine, rußender
Auspuff infolge schlechter Verbrennung die Folge.
1) Prof. Dr.-Ing. Kurt Neumann: Untersuchungen an der Dieselmaschine. Forschungsarbeiten.
Heft 245.