Vorrede.
Das Problem der Bewegung der Himmelskörper, an und für sich
von hoher Bedeutung, wird es für den Mathematiker noch mehr
durch den unvergleichlichen Scharfsinn, mit welchem die Koryphäen
die Lösung angestrebt und in hohem Grade erreicht haben, sowie
durch den Aufschwung, den seine Wissenschaft gerade diesem Pro
blem verdankt. An ihm hat die analytische Mechanik, von Newton
beginnend und durch Lagrange zur vollendeten Klarheit sich gestal
tend, den für ihre Entwickelung nothwendigen Halt gefunden. Aber
auch ausserdem verdankt die Mathematik der Astronomie eine so
unerschöpfliche Fülle von Anregungen, dass unzweifelhaft ohne dieses
auch heute noch nicht völlig gelöste Problem ihr Gang ein ganz an
derer und wahrscheinlich langsamerer gewesen wäre.
Daher vereinigen sich alle Umstände, die Tiefe der mathema
tischen Betrachtungen, der gewaltige Einfluss auf die geschichtliche
Entwickelung der Mathematik und endlich die Erhabenheit des Gegen
standes, um das Problem der Bewegung der Himmelskörper als das
würdigste erscheinen zu lassen, wenn es gilt, die abstracten Theorien
der heutigen analytischen Mechanik an einem Beispiel zu erläutern.
Seiner ganzen Anlage nach ist das hier vorliegende Werk nicht
allein als Einleitung in das specielle Studium der Astronomie, son
dern namentlich für den mathematisch durchgebildeten Studirenden
bestimmt, welcher Einsicht in die eigenartigen Schöpfungen seiner
Meister auf diesem Gebiet nehmen will. Das Fehlen eines kurz ge
fassten Lehrbuches, welches in einem einheitlichen Rahmen und in
strenger Wissenschaftlichkeit die heute so ausserordentlich einfachen
und durchsichtigen Principien der mathematischen Astronomie dar
stellt, ist sicher der Grund, dass so viele Mathematiker in ihren Kennt
nissen von unserem Planetensystem kaum über die Kepler ’sehen Gesetze