§ 19. Geschichtlicher Ueberblick zum zweiten Abschnitt. 147
blems handelte. Erst im Jahre 1809 wurde durch Poisson (Mémoire
sur la variation des constants arbitraires dans les questions de Méca
nique, Journal de l'école polytechnique, Tome VIII, pag. 266 etc.) ein
neuer Satz aufgestellt, welcher, wie wir gesehen, den Keim zu grossen
analytischen Untersuchungen enthielt. Er fand ihn bei seiner Bemüh
ung, den Formeln für die sogen. Präcession und Nutation der Erd
achse, sowie denjenigen für die sogen, gestörten Bewegungen, eine
grosse Eleganz zu geben, was ihm ja auch gelungen ist. Da er ihn
nur als Mittel zu Transformationen anwendete und keine Gelegenheit
fand, ihn mit einer weiteren Theorie in Zusammenhang zu bringen,
so mag wohl hierin die Ursache liegen, dass er den wahren analy
tischen Charakter seiner Formel nicht genügend hervorgehoben hat,
zumal sie bei den bereits bekannten Integralen nichts Neues lieferte.
Ungefähr um dieselbe Zeit veröffentlichte Lagrange (Mémoire
sur la théorie des variations des éléments des planètes, Oeuvres VI,
pag. 713 etc.) seine Formel und verallgemeinerte sie sehr bald. Auch
er verwendete sie dazu, dem sogenannten Störungsproblem eine sehr
elegante Form zu geben und scheint er sie nur als Mittel für diese
ihn gerade interessirende Transformation geschätzt zu haben, wobei
ihm wahrscheinlich der innige Zusammenhang seiner Formel mit der
PoissoN’schen entgangen ist.
Im Jahre 1844 bereicherte Hamilton in einer in den Philo
sophical transactions of the royal society of London erschienenen Ar
beit: „On a general method in Dynamics, by which the study of the
motion of all free systems of attracting or repelling points is reduced
to the search and differentiation of one central relation or charac
teristic function“ die analytische Mechanik mit einem neuen Princip,
dem der variirenden Wirkung. Er stellt den Begriff der Wirkung auf
als Integral der lebendigen Kraft nach der Zeit von einer Configu
ration zu einer anderen, setzt voraus, dass sie als Function der Coordi-
naten dieser beiden Configurationen und der einen aus dem Satz der
lebendigen Kraft folgenden Constanten dargestellt wird und entwickelt
die beiden partiellen Differentialgleichungen, welchen sie genügt. Er
beweist ferner, dass ihre Kenntniss hinreicht, um durch blosse Diffe
rentiation sofort die Endintegrale zu erhalten und leitet dieselben für
n — 2 ab. Doch erkannte er wohl nicht die fundamentale Bedeu
tung der Differentialgleichungen und namentlich, dass eine allein ge
nügt, um durch eine vollständige Lösung auch die vollständige Lösung
des ganzen Problems zu bewirken. Erst Jacobi stellte die partielle
Differentialgleichung an die Spitze und die ursprüngliche Definition
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