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III. Abschnitt. Die Theorie der Störungen.
meinen Form, cl. h. nicht allein als Functionen der Zeit, sondern
auch der sechs eingeführten Integrationsconstanten. Es werden hier
zum ersten Male die Grundzüge der Variation der Constanten in ihrer
ganzen Strenge und Reinheit festgestellt und die Formeln durch Ein
führung der Störungsfunction vereinfacht. Indem Lageange seine
allgemeine Theorie auf den Ausdruck der grossen Achse anwendete,
erkannte er sofort, dass in nur periodische Glieder entstehen
und so war — mit einem Federstrich, vie Jacobi sagt — der herr
liche Satz bewiesen, dass die Störungen auf die grosse Achse nur
einen den störenden Massen proportionalen und durch periodische
Glieder auschückbaren Einfluss haben können, so lange man sich mit
der ersten Potenz der störenden Massen begnügt.
Im Jahre 1809 hat Poisson in der Abhandlung: „Sur les in
égalités séculaires des moyens mouvements des planètes“ (Journal
de l’école polytechnique, Bd. 1 ) nachgewiesen, dass dieser Satz auch
seine Giltigkeit besitzt, wenn man ihn auf die zweite Potenz der
störenden Massen ausdehnt. Er gelangt zu diesem Resultat durch
eine eigenthtimhche Anwendung des Satzes von der lebendigen Kraft.
Laplace theilt in der Mécanique céleste, livre VI, einen anderen Be
weis mit, welcher, weiter ausgeführt, hier reproducirt worden ist. Auch
Lageange hat versucht, diesen Beweis zu liefern; jedoch leidet sein
Verfahren an einem kleinen Vorzeichenfehler, wie Sekket gezeigt hat.
Man hat versucht, dieses Resultat auf die dritten Potenzen der
störenden Massen auszudehnen. So hat Mathieu (Mémoire sur les
inégalités séculaires des grands axes des orbites des planètes — Journal
von Ceelle 1875) Untersuchungen angestellt, aus welchen er auf
das Fehlen säcularer Glieder, selbst bei Berücksichtigung der dritten
Potenzen schliesst. Später haben noch Tisseeand, Habetu , Gas-
paeis, Gyldén u. s. w. das Resultat theils bestätigt, theils nicht,
ein Beweis dafür, dass diese Frage noch nicht als abgeschlossen an
zusehen ist.
Nachdem die Formeln für die Differentialquotienten der Elemente
entwickelt waren, versuchte man, angeregt durch die merkwürdig ein
fache Darstellungsweise desjenigen der grossen Achse, ähnliche ein
fache Ausdrücke für die übrigen zu erhalten. Nach geschickten Um
formungen gelang es Laplace, die Fundamentalformeln, wie sie in 8 ),
§ 28, angegeben sind, aufzustellen. Seine Entdeckung theilte er im
Jahre 1808 der gelehrten Welt mit. Durch ein merkwürdiges Zu
sammentreffen veröffentlichte Lageange in derselben Sitzung im Bureau