Full text: Die mathematischen Theorien der Planeten-Bewegungen

§ 5. Geschichtliche Uehersicht zu den §§ 1—4. 37 
zu Cyclen zu combiniren und schliesslich wurde das ganze Räderwerk 
so complicirt, dass nur Wenige es vollständig durchschauen konnten 
und diese Wenigen mit dem Nimbus ungeheurer Gelehrsamkeit um 
geben wurden. Dieser Umstand, verbunden mit der Pietät, die man 
früher den Autoritäten zollte, hessen den Amalgest als das unbe 
stritten Wahre erscheinen und irgend eine Erklärung war richtig oder 
nicht, je nachdem sie mit demselben übereinstimmte oder nicht. Die 
Hypothese von der Rotation der Erde, welche schon von den Pyta- 
goräern und Aristarclios aufgestellt wurde, gerietli fast ganz in Ver 
gessenheit, bis endlich Ivopernikus (1473—1543) mit der Begründung 
des nach ihm benannten Weltsystems in dem kurz vor seinem Tode 
gedruckten Werke: „De orbium coelestium revolutionibus, libri VI“ 
hervortrat und ein Lehrgebäude zertrümmerte, welches 13 Jahrhunderte 
vollkommen geherrscht. Indem er die Erde sich drehen und um die 
Sonne kreisen lässt, gelangt er zu der Thatsache, dass die Bahnen 
sämmthcher Planeten Kreise sind und erklärt die beobachteten Un 
regelmässigkeiten durch den Umstand, dass wir diese Kreise von 
einem selbst bewegten Standpunkt aus betrachten. Doch behielt er 
die Kreisbewegung bei und machte nur die Annahme, dass das Cen 
trum nicht ganz mit der Sonne Zusammenfalle. 
Es ist bewunderungswürdig, wie von nun an durch wenige be 
vorzugte Geister, von denen jeder genau da einsetzte, wo der Andere 
abberufen wurde, das Gravitationsgesetz an das Licht gebracht wor 
den ist. Tycho de Brahe (1546 —1601) stellte mit vervollkomm- 
neten Instrumenten neue Beobachtungen besonders über den Planeten 
Mars an. Auf sie gestützt gelang es Kepler (1571 —1630) unter 
Zugrundelegung der Kopernikanischen Ideen nach und nach die drei 
Gesetze zu finden, welche seinen Namen führen und welche er be 
sonders in den beiden Werken „De stella Martis“ und „Harmonia 
mundi“ niederlegte. Auch hat er bereits klare Anschauungen von 
einer universellen Gravitation ausgesprochen; doch musste er, von 
Anstrengungen und Kummer überwältigt, die Krönung seines Werkes 
einem Nachfolger überlassen, welcher durch die tiefste Synthese die 
kühne und glückliche Speculation eines Kepler ersetzte. 
Inzwischen wurden durch Kepler’s Zeitgenossen Galilei (1564 
—1642) die Grundlagen der Mechanik, besonders in dem Werke: 
„Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze“ 
geschaffen und so diese Wissenschaft aus dem tausendjährigen Schlaf, 
in welchen sie nach Archimedes Tode versunken, erweckt. Sein 
Todesjahr war das Geburtsjahr Isaac Newton’s, welcher 1666 die
	        
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