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Wunsch, daß dieser kritische Punkt nicht unnötig berührt und
dadurch schwachen Seelen ein Ärgernis gegeben werde,
war auch unter den Eingeweihten verbreitet, wie u. a. ans
Briefen von Paolo Gualdo hervorgeht^). Galilei selbst war
ursprünglich der gleichen Meinung gewesen, allein in dein Maße,
in dem seine Berühmtheit und seine soziale Stellung wuchsen,
befestigte sich in ihm auch die Hoffnung, daß es ihm gelingen
werde, die höchste kirchliche Autorität für eine freiere Auffassung
günstig zu stimmen. Er selbst war von der Vereinbarkeit
wahrer Religion mit naturwissenschaftlicher Wahrheit fest über
zeugt, und wenn es ihm möglich wurde, an dieser Überzeugung
auch die Oberleitung der katholischen Kirche teilnehmen zu
lassen, so hatte er, das mußte ihm eine innere Stimme sagen,
der Kultur einen unermeßlichen Dienst geleistet. Ihn trieb
es, nach Rom zu gehen, und da, als dieser Vorsatz in ihm
zur Reife gediehen war, der Hof gerade nach Pisa übergesiedelt
war, so lag er seinem dort ebenfalls weilenden Freunde Vinta
an, ihm doch die Genehmigung zu seiner Romreise zu er
wirken''»). Das fiel nicht schwer, denn dem Großherzoge
mußte selbst daran gelegen sein, daß sein berühmter Hofgelehrter
bei dem Papste einen guten Eindruck mache, und Galilei
hätte sich sofort aus den Weg machen können, wenn nicht ein
längeres Unwohlsein ihn noch zurückgehalten haben würde.
Am 23. März reiste er ab; der Fürst hatte die damals üb
liche Sänfte gestellt, reichlich Geld gespendet und überdies
für freie Wohnung im toscanischen Gesandtschastshotel Sorge
getragen. Waren diese Vorbereitungen schon sehr ehrend für
den Reisenden, so war es nicht minder der Empfang, welcher
ihm gleich darauf in der ewigen Stadt bereitet wurde.
Dafür, daß Galilei wirklich Ursache hatte, auf diesen Em-
pfang stolz zu sein, sprechen seine eigenen Mitteilungen sowohl,
wie auch ein Schreiben des Kardinals Del Monte an den
Großherzog »ft. Das Fernrohr hatte an diesem Erfolge natür
lich einen großen Anteil: ein gewähltes Publikum sah durch