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daß er nur allzu leicht dem Wahne sich hingeben konnte, er
werde in seinen weiteren Studien durch die ihm gewordene
und gleichzeitig ans die ganze katholische Welt ausgedehnte
Weisung keine nachteilige Hemmung erfahren. Mußte er sich
doch sagen, daß er durch seine unermüdliche Agitation für die
wissenschaftliche Wahrheit die Gefahr, in welche er geraten
war, teilweise selbst heraufbeschworen hatte, und daß vielleicht,
wenn er ruhig in Florenz weiter gelebt hätte, die ganze Kette
unerfreulicher Vorgänge nicht in die Erscheinung getreten wäre.
Und so versäumte er die gebotene Vorsicht, vertraute weiterhin
der unbezweifelten Überlegenheit seines geistigen Arsenales und
ging ahnungslos einer zweiten, diesmal unendlich schrecklicheren
Katastrophe entgegen.
Die Diplomaten bekundeten, wie es ihr Handwerk mit
sich brachte, einen weit richtigeren Blick für die Bedenklichkeit
der Lage ihres Schützlings, als dieser selbst. Gnieeiardini
riet dringend, daß Galilei so bald wie möglich Rom verlasse,
und daraufhin forderte diesen der Minister Piechena (23. Mai
1616) zur Heimkehr auf 123 ). Anfangs Juni verließ dann end
lich Galilei die Stadt, welche in seinem Leben eine so unheil
volle Rolle zu spielen berufen war, und hatte nunmehr genug
zu thun, die überall kursirenden Gerüchte, daß eine förmliche
Verfolgung gegen ihn eingeleitet worden sei, zu widerlegen 1 ^).
Bellarmins Zeugnis mußte ihm zu dem Ende von hohem
Werte sein. Er nahm sich das Vorgefallene nicht besonders
zu Herzen und war froh, daß er trotz alledem und alledem
zum Fußkusse bei seiner Heiligkeit zugelassen worden war.
Wenn er bem ebenso zuverlässigen wie besorgten Sagredo
schrieb, der Ausgang sei gar nicht nach dem Geschmacke seiner
Feinde gewesen, so beweist dies, daß er sich selbst in Ver
trauensseligkeit eingewiegt hatte. Bei dem Menschenkenner
Sagredo dürfte ihm dies minder leicht gelungen sein.
Vorläufig allerdings nahm er in Florenz seine gewohnte
Lebensweise wieder aus, ohne sich durch die ihm auferlegte