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Buch schrieb, keineswegs ein entschiedener Copernicaner ge
wesen sei. Begreiflicherweise findet diese Angabe keinen Glauben,
und nun wird ihm vorgestellt, daß gegen ihn, wenn er sich
nicht entschließen könne, die ganze Wahrheit einzugestehen, die
geeigneten „Mittel" angewendet werden würden. Nach kurzer
Hin- und Herrede bricht der moralisch schon hinlänglich Ge-
folterte, der jetzt auch die physische Folter vor sich sieht, in
die Worte 184 ) aus: „Ich bin hier, um zu gehorchen, und ich
habe, wie gesagt, jene Meinung, nachdem die Entscheidung
getroffen war, nicht für wahr gehalten". Daraus brachte
mail ihn in seinen Gewahrsam zurück.
Auf die Frage, ob dieses Protokoll ebenfalls nachträglich
an die Stelle des echten gesetzt und ob diesem letzteren ein
Vermerk über wirklich stattgehabte Territion einverleibt ge
wesen sei, kann hier so wenig, wie in den früheren ähnlich
gelagerten Fällen, so gründlich eingegangen werden, wie es
notwendig wäre, wenn wir unsere Leser in den Stand setzen
wollten, sich selbst ein vollkommen abschließendes Urteil zu
bilden. Unsere persönliche Anschauung geht jedoch dahin, daß
Galilei, weil man eben mit seinen Antworten nicht zufrieden
war und nach Lage der Dinge auch nicht sein konnte, alle
Grade der Vorfolter, nicht aber die Tortur selbst, hat aus
stehen müssen. So lange in Italien überhaupt eine wahr
heitsgetreue Darstellung von Jnquisitionsprozessen nicht ge
stattet war, konnte auch über diese Einzelsrage kein Licht ver
breitet werden, und erst seit der Wortlaut des Urteiles und
speziell die darin stehende Wendung bekannt geworden war,
daß im Notsalle zum ..Examen rigorosum“ geschritten werden
mußte, hielten die Biographen mit ihrer Ansicht, daß darunter
eben die Folter zu verstehen sei, nicht mehr zurückohne
sreilich nun auch zuzugeben, daß Galilei aus die Folter ge
spannt wurde. Niccolinis Berichte, denen zusolge die Be
handlung keine harte gewesen wäre, schienen eben das Gegen
teil zu verbürgen. Ganz besonders entschieden verwarf