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wenig zu thun, allem es befremdet nicht, auch hier mancher
neuen Anregung p begegnen. Wie Natorp bemerkt, findet
mau Galileis psychophysische Ansichten, die Lehre, welche er
sich von der Sinneswahrnehmung gebildet hatte, nirgends so
konzis dargestellt, wie in diesem durchaus philosophisch au
gehauchten Werkes. „Wie es sich auch damit verhalten mag,"
meint der genannte Erkenntnistheoretiker, „das wenige, was
uns im „Saggiatore" vorliegt, genügt zum Beweise, das; Ga
lilei die Zurücksührung der sinnlichen Qualitäten aus bloße
Quantitätsunterschiede, und damit den rein mechanischen Cha
rakter alles Naturgeschehens, so deutlich begriffen hat, wie
Descartes und Hobbes." Wir werden, wenn wir zur Wärme
lehre kommen, uns nochmals zu dieser mechanistischen Auf
fassung der Apperzeptionsvorgänge zurückgeführt sehen.
Der geschichtliche Gang läßt uns nunmehr zunächst halt
machen beim „Dialoge"^"'), der ja vorwiegend astronomischen
Inhaltes ist, an verschiedenartigen Exkursen aus die Lehre
von Gleichgewicht und Bewegung aber wahrlich keinen Mangel
aufweist. „Obwohl in demselben die Nachweisung der Richtig
keit des copernicanischen Systems den Hauptgegenstand
bildet, so ist der Dialog doch ein Werk, in welchem der
Autor seinen physikalischen Gedankenkreis, seine Forschungs
methode und sogar seine Naturphilosophie zur Darstellung
bringt" 331 ). Wir werden uns im folgenden bemühen, die in
dieses Kapitel fallenden Bestandteile des Werkes herauszuheben
und gesondert zu besprechen.
Zunächst stoßen wir aus einen prinzipiellen Irrtum Ga
lileis, der beiveist, daß auch der freieste Geist den Einwir
kungen der Jugenderziehung sich niemals ganz zu entziehen
vermag. Den aristotelischen Unterschied zwischen „natürlicher"
und „gewaltsamer" Bewegung lernte Galilei niemals ver
werfen, wie dies v. Braunmühl in dem oben zitierten Vor
trage nachdrücklich betont hat, und so verblieb er auch dabei,
daß kosmische Bewegungen von Hause aus nicht gradlinig,