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II. Teil. Die Sternbilder in den neuen Texten.
den gleichzeitigen Aufgang eines Sternes oder Sternbildes mit einem
Zeichen oder Grad des Tierkreises oder auch mit einem andern Stern
oder Sternbild bezeichnet. Ein geringer Bedeutungsunterschied ist
in der Komposition gegeben: cuvavareXXeiv heilst wörtlich 'mitauf-
steigen’, TrapavaieXXeiv 'daneben aufsteigen’; in dem einen Fall wird
also zunächst an ein zeitliches Verhältnis gedacht 1 ), in dem andern
an ein räumliches. 2 ) XuvavareXXeiv ist der bestimmtere Ausdruck,
und dem entspricht, dafs die Astronomen von cuvavareXXeiv, die
Astrologen von TrapavaieXXeiv zu reden pflegen. An sich könnte nun
TrapavaieXXeiv ganz ebenso wie cuvavareXXeiv eine Relation zwischen
beliebigen Sternen oder Sternbildern bezeichnen. Allein in der Praxis
der Astrologen hat das Wort eigentlich nur ein einziges Objekt ge
funden 3 ), und das ist der Tierkreis mit seinen Teilen, den 12 Zeichen,
den Dekanen und Graden. Der Tierkreis ist für die Astrologen noch
mehr als für die Astronomen gegenüber allen anderen nördlichen und
südlichen Sternen und Sternbildern von überragender Wichtigkeit.
Daraus erklärt es sich, wenn Listen von Sternen oder Sternbildern
aufserhalb des Tierkreises bei den Astrologen fast stets 4 ) nach seinen
12 Zeichen abgeteilt werden*, man denkt sich also diese nördlichen
und südlichen Sterne und Sternbilder in einer gewissen Abhängig
keit vom Tierkreis. Dieses Verhältnis findet seinen Ausdruck in dem
Wort TrapavaieXXeiv und namentlich in den häufig substantivierten
1) Im Eucloxospapyrus stellt im gleichen Sinn einmal dpa avaxeXXeiv (und
otpa öuveiv) coi. X und ein andermal, z. ß. coi. XVIII, cuvavax^XXetv.
2) Ohne jeden Unterschied wechseln -rrapavaxeXXeiv und cuvavareXXeiv bei
dem Anonymus von 379, den Palchos im 135. Kapitel abgeschrieben hat (Cat. I
116, 6 u. und 117,4). Manilius gebraucht im 5. Buch consurgere (v. 175 und 657),
wo unsere Texte nicht cuvavareXXetv, sondern rrapavaxeXXeiv zu sagen pflegen;
sonst neben dem einmal gebrauchten resurgere und anderen Wendungen meist
surgere allein. Sextus adv. astr. § 26 spricht gleichfalls von xüüv cuvavaxeXXöv-
xiuv ßopetoxepuuv f| voxiuuxepuuv ganz im Sinne von TrapavaxeXXövxuuv, desgleichen
Ptolemaios Tetr. p. 142, 18. Wie von cuvavaxeXXeiv das Substantivum cuvavaxoXq,
wird auch TrapctvaxoXf] von rrapavaxeXXeiv gebildet (Theo Smyrn. p. 200,17 Hiller;
Proklos in remp. II 56, 25 Kroll).
3) Die bei Stephanus und bei Bouche-Leclercq (a. a. 0. S. 225, 1) angeführte
Stelle aus Ptolemaios Tetrab. II 7 p. 77, 22, wo angeblich rrapavaxeXXeiv von
Planeten gebraucht ist, fällt weg: in der guten Überlieferung steht in Überein
stimmung mit der Paraphrase des Proklos rrapööuuv statt TrapavaxeXXövxuuv.
4) So in allen oben veröffentlichten Texten. — Natürliche Ausnahmen bilden
die Listen der nördlichen und südlichen Fixsterne in Ptolemaios Tetr. I 9 und
die wörtliche Wiederholung davon bei Hephaistion I 4 und 5; denn hier werden
die gröfseren Einzelsterne der nördlichen und südlichen Konstellationen mit den
Planeten zusammengestellt, wobei Farbe und angebliche Einwirkung auf die
irdischen Dinge das tertium comparationis bilden und die Ordnung der Stern
bilder fast genau die gleiche wie in der Syntaxis ist.