Full text: Theorie der Mikrometer und der mikrometrischen Messungen am Himmel

it dem Namen Mikrometer werden in der allgemeinsten Bedeutung 
des Wortes Vorrichtungen bezeichnet, mittelst deren kleine Grössen 
gemessen werden können; in dem besonderen Sinne, in welchem hier 
davon die Rede sein wird, werden darunter Apparate verstanden, welche in 
Verbindung mit dem Fernrohr zur Messung von kleinen Bögen oder Coordinaten- 
diflerenzen benachbarter Punkte an der Himmelskugel dienen. Ihre Anwendung, 
wie überhaupt die Benutzung des Fernrohrs zu Messungszwecken beruht auf dem 
Satze der Dioptrik, dass jeder einfallenden Geraden, welche durch den ersten 
Knotenpunkt des Objectives geht, eine ihr parallel durch den zweiten Knotenpunkt 
gehende Austrittsgerade entspricht. Die Lage, in welcher zwei Objecte am 
Himmel vom ersten Knotenpunkt aus erscheinen, ist daher identisch mit der Lage 
der correspondirenden Bildpunkte, gesehen vom zweiten Knotenpunkte aus, und 
die Messung dieses Bildes in möglichst sicherer Weise herbeizuführen, ist der 
Zweck der mikrometrischen Vorrichtung. 
Das Gebiet, auf welchem die Mikrometer in der astronomischen Praxis 
Anwendung finden, ist sehr ausgedehnt. Denn es umfasst einerseits die mikro 
metrischen Messungen im engeren Sinne, bei denen es ausschliesslich auf die 
relative Lage zweier oder mehrerer scheinbar nahe gelegenen Objecte ankommt, 
also die Bestimmung der Lage der Satelliten zu ihren Hauptkörpern, die Er 
mittelung der Grösse und Figur der Körper unseres Sonnensystems, ihre Topo 
graphie, die Doppelsternbeobachtungen, die Parallaxenbestimmungen, die Aus 
messung von Sternhaufen, die Festlegung der Oerter der Nebelflecke in Bezug 
auf Sterne in ihrer Umgebung; andererseits können zahlreiche absolute Orts 
bestimmungen nicht anders als durch Zuhülfenahme mikrometrischer Messungen 
ausgeführt werden. Das letztere gilt für alle Fälle, wo die Lichtschwäche oder 
das Aussehen der Objecte, die Zeit des Meridiandurchganges und andere Um 
stände eine directe Bestimmung ihres Ortes an Meridiankreisen nicht gestatten, 
und da den Instrumenten dieser Gattung aus gewissen Gründen stets nur 
mässige Dimensionen gegeben werden können, so werden die Positionen der 
überwiegenden Anzahl der meist lichtschwachen Kometen und der Asteroiden auf 
indirectem Wege bestimmt werden müssen. Der Unterschied der Coordinaten 
solcher Objecte gegen einen genügend hellen benachbarten Stern wird, meist 
an parallaktisch aufgestellten Refractoren, mikrometrisch gemessen, der 
absolute Ort dieses Ausgangssterns aber an einem Meridianinstrument 
ermittelt. 
Becker, Mikrometer und Mikrometermessungen. 
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