Full text: Theorie der Mikrometer und der mikrometrischen Messungen am Himmel

Doppelbildmikrometer. 
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Vergrösserung von 100 etwa 13" bis 14'' und wurde, da sie im umgekehrten 
Verhältniss zur Vergrösserung steht, sehr klein, wenn das Mikrometer mit einem 
Fernrohr von grosser Brennweite verbunden wurde. Nach den empirischen 
Untersuchungen von Dawes hat die Distanz der Bilder den einfachen Ausdruck 
d — r sin 2ft, worin r die Maximalamplitude für die Focallänge des Fernrohres 
und 0 den Drehungswinkel bezeichnet, gezählt von der Stellung der Krystall- 
achse aus, in welcher die Bilder sich decken. Man eliminirt letztere, wenn man 
zwei Einstellungen auf beiden Seiten des Nullpunktes oder noch besser vier 
Einstellungen, je eine in jedem Quadranten mit einander verbindet. Ist der 
Apparat mit einem Positionskreis versehen, so können auch Positionswinkel ge 
messen werden. 
Mikrometer von V. WELLMANN. 
Es ist an anderer Stelle erwähnt worden, in welcher Weise ein doppelt 
brechendes Prisma, welches vor das Ocular eines Fernrohres gesetzt wird, durch 
Drehung um die Gesichtslinie benutzt werden kann, um eine für die Untersuchung 
der Fehler einer Mikrometerschraube geeignete Distanz zwischen dem ordent 
lichen und dem ausserordentlichen Bilde eines Fadens herzustellen. Dasselbe 
Princip hat sich in der Folge auch als sehr brauchbar für Messungen am Himmel 
erwiesen. O. Lohse in Potsdam hat davon bei der Opposition des Mars 1883—84 
und in den folgenden Jahren Anwendung gemacht, um den Positionswinkel 
eines der beiden Polflecke zu messen; er brachte vor dem Ocular ein Kalk- 
spathprisma an, welches durch Aufkitten eines Glaskeils achromatisch gemacht 
worden war, und stellte durch Drehung am Positionskreis des Fadenmikrometers 
die Mittelpunkte der beiden Bilder des Planeten und des Polfleckes in eine 
gerade Linie. Zur Bestimmung des Nullpunktes wurde vorher das Prisma gedreht, bis 
das Bild eines der täglichen Bewegung parallel gestellten Fadens einfach erschien. 
Einen nicht nur für Richtungsbeobachtungen, sondern auch für Distanzmessungen 
geeigneten Apparat hat hernach V. Wellmann (1889) construirt. Derselbe hat 
im wesentlichen folgende Anordnung. Das Ocular, vor welchem sich in fester 
Verbindung das doppelt brechende Prisma (anfänglich ein RocHON’sches) befindet, 
ist in eine kreisförmige Scheibe eingeschraubt, welche innerhalb eines Kreises 
drehbar ist und deren relativer Stand mittelst zweier an ihr befestigter Nonien 
auf der Kreistheilung abgelesen werden kann. Der Kreis, welcher ein Faden 
kreuz trägt, kann seinerseits um die Fernrohrachse gedreht werden und nimmt 
hierbei auch die Scheibe sammt Ocular und Prisma mit; zur Bestimmung des 
Drehungswinkels dienen zwei Nonien, die an dem Fernrohr befestigt sind. Um 
beim Drehen der inneren Kreisscheibe ein Mitnehmen des Kreises zu verhüten, 
ist eine Klemmvorrichtung zur Feststellung des letzteren vorgesehen. 
Tafel IV zeigt das Mikrometer in Verbindung mit dem 9-zölligen Refractor 
der Berliner Sternwarte und zwar in der Form, welche es nach mannigfachen 
Versuchen und Erfahrungen von V. Knorre, V. Wellmann und M. Brendel 
durch C. Reichel in Berlin erhalten hat. Die Drehung von Ocular und Prisma 
gegen den Positionskreis geschieht durch Anfassen des gerieften Randes g, 
während der Kreis an seinem Umfang gedreht wird. Die Röhre r dient zur 
Aufnahme der verschiedenen Oculare, vor deren jedes das Prisma angeschraubt 
weiden kann; sie wird mit Hülfe eines Bajonettverschlusses auf den kuppelförmigen 
Ansatz k aufgesetzt und durch zwei mit den Anziehstiften a versehene 
Schrauben festgeklemmt. Das Ocular kann mittelst der Schraube s in einer 
bestimmten Entfernung vom Fadennetz festgestellt werden; eine an der Ocular- 
röhre angebrachte Scala dient dabei zur Controlle. Das Beobachtungsverfahren
	        
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