Full text: Theorie der Mikrometer und der mikrometrischen Messungen am Himmel

'S Netzmikrometer. 
Einstellung in die Richtung der täglichen Bewegung. Das Mikrometer hat hiernach 
vor manchem anderen, z. B. dem CASSiNischen, den Vorzug, dass die Fäden oder 
Drähte, an denen die Vorübergänge beobachtet werden, einander nicht kreuzen 
und in dieselbe Ebene gebracht werden können; man kann sie daher auch 
stark genug wählen, um sie, ohne künstliche Beleuchtung und bei derselben 
Ocularstellung, alle gleich scharf zu sehen. Auch die Reduction lässt an Ein 
fachheit kaum etwas zu wünschen übrig; ist der Abstand der beiden Parallelfäden 
mittelst Sterndurchgängen ein für alle mal bestimmt, so giebt die Beobachtung 
der Antrittszeiten eines Objects an den drei Fäden bei s, s' und s" den Fehler 
der Orientirung, die Zeit des Durchganges durch den Stundenkreis PA und den 
Declinationsunterschied gegen den Punkt A. Bezeichnen r den gegenseitigen 
Abstand der parallelen Fäden, i den Winkel, den die Richtung der täglichen 
Bewegung mit dem Querfaden einschliesst, positiv, wenn der Stern nach Süden 
abweicht, und behält man im Uebrigen die früheren Bezeichnungen bei, so findet 
man leicht: 
r . /(»» — 
(0" — 0) 15 cos 8 oder tang i ’ = v (FZT 
0 = ?-±_E. _ (9' _ ^cosQi + 60°) 
COS l = 
— d) 15 cos 8 — r 
(&" — 0) 15 cos 8 + r 
d — 2(0' — 0) 15 cos 8 cos i sin (i + 60); 
dieselben Relationen gelten für den zweiten Stern. 
Zur Bestimmung der gegenseitigen Lage zweier sehr naher Sterne, z. B. der 
Componenten eines Doppelsterns, hat Fraunhofer unter dem Namen Lampen- 
Netz-Mikrometer 1 ) ein Mikrometer angegeben und auch ausgeführt, welches 
zwar durch das von ihm zu hoher Vollkommenheit gebrachte und demselben 
Zweck dienende Positionsmikrometer sogleich verdrängt wurde, immerhin aber 
ein historisches Interesse beanspruchen darf. Es besteht aus einem Planglase 
(Fig. 287), auf welchem zwei Systeme von geraden parallelen Linien eingeätzt 
sind, deren Entfernungen von einander genau bestimmt sind und bei welchen die 
einen durch die anderen unter einem 
genau bekannten, nur wenig spitzen 
Winkel geschnitten werden. Bei dem 
von Fraunhofer für die Sternwarte in 
Dorpat gelieferten Apparat beträgt dieser 
Winkel 76°. Zur leichteren Unter 
scheidung sind die Striche jedes Systems 
in Gruppen eingetheilt, innerhalb deren 
sie gleich weit von einander abstehen. 
Das Netz wird bei Nacht in derselben 
Weise, wie die Fäden der später zu be 
sprechenden Positionsmikrometer, sicht 
bar gemacht; man sieht die Striche 
entweder als feine helle Linien auf 
dunklem Grund, oder sie erscheinen 
schwarz in hellem Feld. Für die Beob 
achtung wird das Mikrometer in der 
Focalebene des Objectivs so gerichtet, dass die «¿-Linien sich sehr nahe im 
Stundenkreis befinden, die Linien des anderen Systems folglich einen sehr spitzen *) 
& 
Lampen-Netz-Mikrometer nach Fraunhofer. 
(A. 287.) 
*) J. von Fraunhofer’s gesammelte Schriften, herausgeg. von E. Lommel, München 1888 .
	        
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