Full text: Theorie der Mikrometer und der mikrometrischen Messungen am Himmel

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Faden- und Positionsmikrometer. 
achter mit dem einen (rechten) Auge das natürliche Sternpaar im Gesichtsfeld seines Newton- 
schen Reflectors sah, brachte er mittelst der Schlüssel die beiden künstlichen Sterne des 
in einer Entfernung von 10 Fuss aufgestellten Apparates in eine solche relative Entfernung 
und Richtung, dass die mit dem anderen (linken) Auge empfangenen Eindrücke sich mit den 
Bildern der natürlichen Sterne deckten. Durch Ausmessung der linearen Entfernung der beiden 
leuchtenden Punkte von einander und von dem Auge folgte dann unter Berücksichtigung der 
Vcrgrösserung des Fernrohrs die scheinbare Distanz der Componenten des natürlichen Doppel 
sterns. Während Herschel’s Apparat nur auf Distanzmessungen eingerichtet war, Hess Schröter 
(vergl. J. H. Schröter, Beiträge zu den neuesten astronomischen Entdeckungen, herausgegeben 
von J. E. Bode, Berlin 1788 ) ein ähnliches Mikrometer anfertigen, welches auch die Richtung 
der Verbindungslinie der beiden Componenten auf dem Umfang der halbkreisförmigen Scheibe 
in Graden und Minuten abzulesen gestattete. 
Die neueren Faden- und Positionsmikrometer. 
Indem wir mit Uebergehung einiger weniger wichtigen Apparate zu den 
neueren Mikrometern uns wenden, fassen wir hier alle diejenigen zusammen, 
welche seit der Zeit Fraunhofer’s bis auf die Gegenwart construirt worden sind. 
Zu jener Zeit und vornehmlich durch die Meisterhand dieses genialen Künstlers 
erhielt das Fadenmikrometer last mit einem Schlage den Charakter eines Mess 
apparates ersten Ranges, und die damit angestellten Beobachtungen erlangten 
einen Grad von Genauigkeit, der auch heute nicht wesentlich übertroffen ist. 
Es ist nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, dass die neueren mikrometrischen 
Einrichtungen die der HERSCHELianischen Zeit gewiss um ebensoviel übertreffen, 
als letztere die primitiven Mikrometer des 17. Jahrhunderts. Hierzu kommt, 
dass seit dem Beginne des neuen Jahrhunderts auch die Fernröhre selbst und 
insbesondere die Refractoren durch die parallaktische Aufstellung und ihre Aus 
rüstung mit Uhrwerken, welche sie dem Lauf der Gestirne folgen macht, eine 
Ueberlegenheit vor den schwerfälligen Reflectoren W. Herschel’s erhielten, die vor 
Allem den mikrometrischen Messungen zu Gute kommen musste. 
Das moderne Fadenmikrometer ist im Princip nichts anderes, als eine sinnreiche 
Verbindung des parallel-wire micrometer mit dem cross-wire micrometer, ein jedes 
in seiner Weise höchst vervollkommnet. Man pflegt es aus diesem Grunde auch als 
Positionsmikrometer zu bezeichnen, zum Unterschied von dem Fadenmikrometer 
im engeren Sinne, welches keine Drehung um die Fernrohrachse gestattet und 
wesentlich bei der Beobachtung der Antrittszeiten der Gestirne an die Fäden 
und zur Messung kleiner rechtwinkliger Coordinatenunterschiede (bei dem 
Meridianinstrument, dem Aequatoreal u. a. und für letztere auch bei den Ablese 
mikroskopen) in Anwendung kommt. Wir betrachten zuerst den Theil des 
Mikrometers, welcher für die Messungen mittelst der Schraube dient und schicken 
dafür folgende Bemerkungen voraus. Der Vortheil, den die Anwendung der 
Schraube bei mikrometrischen Messungen bietet, besteht darin, dass man durch 
sie kleine lineare Bewegungen durch grosse Drehungsbewegungen hervorbringen 
und messen kann. Soll dieser Vortheil ein wirklich reeller, und nicht bloss 
scheinbarer sein, so muss zwischen beiden Bewegungen eine vollkommene 
Proportionalität herrschen, und dies wird nur dann der Fall sein, wenn einer 
seits die Schraube mathematisch genau hergestellt ist, und wenn zweitens der 
bewegliche Schlitten ausschliesslich durch die Drehung der Schraube bewegt 
wird oder, was auf dasselbe hinauskommt, wenn die Schraube bei der Drehung 
keine Verschiebung in der Richtung ihrer Achse erleidet. Im Allgemeinen werden 
beide Bedingungen in aller Strenge nicht erfüllt sein; es werden Fehler übrig 
sein, welche theils periodischer Natur sind, insofern sie innerhalb je einer Um
	        
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