Full text: Allgemeine Himmelskunde

g4 Von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper. 
ganzen Himmels um die Erde außerordentlich unwahrscheinlich. Diese 
Unwahrscheinlichkeit wird aber noch vermehrt, wenn wir an 
2. die große Geschwindigkeit denken, mit welcher die Mehrzahl der 
Sterne ihre Bahnen durchlaufen müßte, und dies einzig und allein, um die 
Erde in ihrer Ruhe nicht zu stören. 
Der Mond, in einer Entfernung von mehr als 51000 g. Min. von der 
Erde, müßte in seiner 326730 Min. langen Bahn in jeder Minute 227 Min., 
die Sonne, in einem Abstande von 20 mill. Min. von der Erde, in jeder Minute 
90000 Min. zurücklegen. Mit dieser außerordentlichen Geschwindigkeit wäre 
aber die Grenze derselben noch lange nicht erreicht; denn die nächsten Fix 
sterne, die mindestens 4 bill. Min. von der Erde abstehen, müßten in einer 
Minute den Ungeheuern Weg von mehr denn 17400 mill. Meilen durchlaufen. 
Wie groß müßte die Geschwindigkeit erst für Sterne sein, die in Entfernungen 
von vielleicht tausenden von bill. Min. von der Erde um diese kreisen sollten! 
3. Der Mangel einer bewegenden Kraft. Wo eine Wirkung ist, da 
muß auch eine Ursache sein, und zwar muß die Ursache der Wirkung pro 
portional sein. Die eben angegebene, außerordentlich schnelle Bewegung der 
Gestirne müßte auch eine ebenso außerordentliche Kraft voraussetzen. Wo 
aber sollte man nach der Art der Bewegung diese Kraft anders vermuthen, 
als in der Erde selber, weil ja um sie die Bewegung erfolgt und alle Sterne 
ihr dienstbar erscheinen. Oben haben wir bereits einer Kraft der Erde, der 
Anziehungskraft, Erwähnung gethan; sollte sie vielleicht die Bewegung aller 
Gestirne in der angegebenen Weise bewirken? Sollte diese Kraft so außer 
ordentlich stark sein, daß das unzählige Heer der Sterne dadurch der Erde 
dienstbar werden müßte? 
Diese Annahme kann Ansprüche auf Wahrscheinlichkeit nicht machen, 
namentlich dann nicht, wenn man an das Massenverhältnis der Erde und der 
ihr scheinbar gehorchenden Körper denkt. Von der Sonne wissen wir, daß 
ihre Masse die der Erde etwa 355000mal übertrifft, und vielleicht sind andere 
Fixsterne noch massenhafter. In der Körperwelt ist es aber vornehmlich die 
Masse, welche die Größe der Anziehung auf andere Körper bestimmt. In 
dieser Beziehung fällt der Vergleich der Erde mit den scheinbar um sie 
schwingenden Massen sehr zu ungunsten der Erde aus, was schon aus dem 
oben angegebenen Größenverhältnis zwischen Sonne und Erde hervorgeht. 
Allein selbst die Möglichkeit der Wirkung der Erde auf die ihr so fernen 
Himmelskörper zugegeben, so ist doch 
4. die Art der Wirkung der Kraft so, daß sie allen bekannten Ge 
setzen, nach welchen ähnliche Kräfte zwischen andern Körpern wirken, durch 
aus widerspricht. Es wäre jedenfalls unerhört, daß die Erde auf fernere Himmels 
körper stärker wirken sollte als auf nähere, da doch die fernsten die größte 
Geschwindigkeit zu haben scheinen. Alle Beobachtungen anderer verwandter 
Kräfte zeigen dagegen eine Abnahme der Wirkung mit Zunahme der Entfernung 
nach bestimmten Gesetzen. Endlich aber macht auch der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.