Full text: Allgemeine Himmelskunde

Von der Rotation der Erde. — Gradmessungen. 
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Audi in England wurden Messungen veranstaltet. Der General Boy nahm 
eine sehr vollständige und genaue Triangulation vor, und Mudge führte die 
eigentliche Gradmessung von der Insel Wight bis Clifton in Schottland 
mit einer solchen Genauigkeit aus, daß dieselbe alle späteren Prüfungen aus 
gehalten hat. 
Im Jahre 1792 faßte die französische Regierung den Entschluß, unter 
Benutzung der früheren Messungen eine neue Messung durch ganz Frankreich 
vornehmen und dieselbe am Anfänge dieses Jahrhunderts durch Biot und 
Arago bis zur Insel Formentera fortsetzen zu lassen. Nach Beendigung 
des französischen Krieges wurde diese Messung mit der oben erwähnten engli 
schen von Mudge vereinigt und so ein Meridianbogen von 20° von Formentera 
bis zu den orkadischen Inseln im Norden Schottlands gemessen. Das Resultat 
dieser Messung war der Ansicht, daß die Erde an den Polen abgeplattet sei, 
entschieden günstig. 
Die oben genannte große französische Gradmessnng ist noch dadurch 
wichtig geworden, daß sie von der französischen Akademie als ein Mittel benutzt 
wurde, ein unveränderliches, stets wieder bestimmbares Naturmaß aufzustellen. 
Es wurde nämlich aus dem gemessenen, bedeutenden Theile des Erdmeridians 
die Größe eines Meridian-Quadranten von 90° berechnet, und der 10- 
millionste Theil desselben unter dem Namen Mètre als Grundmaß für Frank 
reich bestimmt. Es ward dasselbe auch späterhin, seit 1801, wirklich einge 
führt und ist jetzt allgemein im Lande und auch häufig in den Naturwissen 
schaften in Gebrauch. Es wird in den nächsten Jahren eine weitere Verbreitung 
in Europa finden. 
Ein Mètre hat eine Länge von 0,51307 Toisen = 3,07844 Par. Fuß = 
443,29593 Par. Linien. 
Da der Preuß. Fuß = 139,13 Par. Linien, so ist 1 Mètre — 3,1893 Preuß. F. 
Spätere Revisionen der früheren Rechnungen und neuere Bestimmungen 
der Größe des Meridian - Quadranten haben indessen bewiesen, daß die ange 
gebene und im Gebrauch befindliche Größe des Mètre nicht genau der 10- 
millionste Theil eines Meridian - Quadranten ist, und die Meinung, mit dem 
Mètre ein unveränderliches, stets wiederzufindendes Naturmaß aufgestellt zu 
haben, hat sich darum als illusorisch erwiesen. 
In neuerer Zeit erfolgten mehrere große und genaue Gradmessungen, unter 
andern in Finnland und Lappland durch Struve in Dorpat, und die russische 
Regierung bewilligte in den Jahren von 1821 bis 1831 jährlich 10,000 Silber 
rubel dafür. Auch in der Mitte des Reiches wurden ausgedehnte Messungen 
vorgenommen, und in keinem Lande der Erde ist ein so großer Meridianbogen 
als in Rußland gemessen worden; derselbe beginnt bei Ismael an der Donau 
und reicht mit seinem skandinavischen Theile durch 45 ö 20' der Breite bis 
Fuglenaes in der Nähe von Hammerfest. In Schweden führte Bohnenberger, 
in Holstein Schuhmacher und in Nieder-Sachsen Gauß dergleichen Mes 
sungen aus.
	        
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