Full text: Allgemeine Himmelskunde

Von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper 
Vergleicht man die Ablenkung des Pendels auf dem eben besprochenen 
30sten mit der auf dem GOsten Parallelkreise CC 4 , so wird man hier auf den 
entsprechenden Punkten eine weit beträchtlichere Ablenkung des Pendels walir- 
nehmen; war diese in В 4 ein rechter, so ist sie in G‘ bereits ein stumpfer 
Winkel. 
Es entsteht nun aber die Frage: Welchen Werth hat die Ablenkung des 
Pendels in verschiedenen Breiten? Hierauf wird uns folgende Betrachtung zu 
einer Antwort führen. Wie schon gesagt, ist die Größe der Ablenkung des 
Pendels bedingt durch die Größe der Drehung des Horizontes um die Vertikale; 
diese giebt sich aber unter andern in der veränderten Lago der Mittagslinie 
zu erkennen. Beschreibt am Aequator die Mittagslinie bei der Rotation der 
Erde den Mantel eines Cylinders, wobei sic sich stets parallel fortschreitet, so 
macht sie zwischen dem Aequator und den Polen den Mantel eines Kegels, 
dessen Spitze in der verlängerten Erdachse liegt, und der um so stumpfer wird, 
je näher man den Polen kommt. An diesen selbst liegt die Spitze des Kegels 
in der Grundfläche, oder was dasselbe ist, die Mittagslinie beschreibt die Ebene 
eines Kreises. Darum beträgt hier auch die Ablenkung des Pendels in 24 Stdn. 
volle 360°; denn die ganze Drehung des Horizontes ist eine Drehung um die 
Vertikale. 
Denkt man sich den Mantel eines Kegels abgewickelt, so erhält man be 
kanntlich einen Kreisausschnitt, d. i. einen Theil einer Kreisebene, der von zwei 
Radien und einem Theil der Peripherie des gedachten Kreises begrenzt wird, 
welcher Theil die Grundfläche des Kegels umschließt. Es ist bekannt oder 
doch leicht einzusehen, daß der Kreisausschnitt ein um so größerer Theil des 
gedachten Kreises ist, je stumpfer der Kegel, und umgekehrt, daß er um so 
kleiner, je spitzer der Kegel ist. Denkt man sich den von den Mittagslinien 
der zwischen dem Aequator und den Polen liegenden Horizonte beschriebenen 
Kegelmantel zu einem Kreisausschnitte abgewickelt, so mißt dieser letztere 
oder die Peripherie desselben die Drehung des Horizontes um die Vertikale 
Fig. 37 . und somit die Ablenkung des Pendels; denn 
der sovielste Theil der Kreisausschnitt von dem 
zugehörigen Kreise ist, der sovielste Theil ist 
die Ablenkung des Pendels in 24 Stdn. von 360°. 
Tn 30 0 nördlicher Breite würde eine Mittags 
linie, Fig. 37, den Mantel des Kegels BDB 4 
beschreiben. In diesem ist der Winkel an der 
Spitze, den zwei entgegengesetzte Seitenlinien 
des Kegels mit einander bilden, = 60°; denn 
Winkel DBF = 90°, Winkel BEB — 60 °, 
folglich Winkel В DE = 30 °. Da aber B 4 DE 
ebenfalls = 3<> °, so ist Winkel В DB 4 = 60°. 
Bei einem solchen Kegel ist der abgewickelte 
Kegelmantel ein Halbkreis, und darum beträgt
	        
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