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Von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper.
nach Verhältnis der täglichen Entfernung nach 0., und 'verkürzt somit die
Dauer des natürlichen Tages. Wenn man nun mit jedem neuen Sonnenauf
gänge einen neuen Tag anschreibt, so muß man nach vollendeter Keise nothwendig
einen Tag mehr zählen, als am Orte der Ankunft. Diese Erfahrung ist denn
auch bei allen nach 0. hin unternommenen Weltumsegelungen gemacht worden.
Nach der Sonnenzeit regeln sich im bürgerlichen Leben die Beschäftigungen
der Menschen. Da indessen die wahren Sonnentage, wie eine richtig construirte
Sonnenuhr sie zeigt, wegen ungleichmäßiger Bewegung der Sonne in der Eklip
tik von ungleicher Länge sind, so taugen sie nicht zur Grundlage der Zeit
rechnung. Man hat darum eine sogenannte mittlere Sonne angenommen,
die sich im Aequator gleichmäßig bewegt, und nennt die nach ihr be
stimmte Zeit die mittlere Zeit. Die Zeit von einer Culmination der mitt
leren (nur in der Vorstellung existirenden) Sonne bis zur nächstfolgenden
gleichnamigen wird ein mittlerer Sonnentag genannt, der ebenfalls in 24
gleiche Theile, Stunden, getheilt wird. Unsere Uhren zeigen gewöhnlich mitt
lere Zeit, während die Astronomen häufig nach Sternzeit rechnen. Ein Sterntag
ist gleich 23 Stdn. 56 Min. 4,0913 Sek. mittlere Zeit; ein mittlerer Sonnentag
gleich 24 Stdn. 3 Min. 56,555 Sek. Sternzeit. Nach dieser vorläufigen Angabe
vier Tagesdauer ist es eine leichte Aufgabe, Sternzeit in mittlere Sonnenzeit
sowie diese in jene zu verwandeln. Wir werden indessen später gründlicher
auf die Sache eingehen, nachdem wir im folgenden Kapitel für eine eingehen
dere Betrachtung die rechte Grundlage gewonnen haben werden.
Hier dürfte der geeignetste Ort sein, die interessante Frage zu beantworten :
Welcher Wochentag und welche Uhrzeit ist in irgend einem
Augenblicke an verschiedenen Oertern der Erde?
Wir wissen bereits, daß je 1° Entfernung nach 0. oder W. ( 1 ° Längen
differenz) eine Zeitdifferenz von 4 Min. bedingt. Mit dem Glockenschlage
12 Uhr Mitternacht begann in Berlin mit dem Wochentage Mittwoch der
Anfang des neuen Jahres 1868. In demselben Augenblicke war in Paris,
11° westlich von Berlin, noch Dienstag ll h 16 m abends, in Dublin, 19° 45'
westlich, Dienstag 10 h 41 m abends, in New-York, 87° 24' westlich, erst
6 h 11 1,1 abends, in San Franzis ko, 136° westlich, erst Dienstag 3 h nach
mittags, auf Tongatab u, einer der Freundschafts-Inseln, 189° westlich, sogar
erst Dienstag ll h 24 m morgens. Gingen wir nun im Geist immer weiter
nach W. fort, so müßten wir zu Oertern kommen, die noch frühere Zeit hätten;
so würden wir z. B. in Sidney in Australien, 222° westlich von Berlin, erst
Dienstag, den 31. Decbr. vormittags 9 h 12 111 vermuthen müssen, finden aber,
daß man dort bereits Mittwoch, den 1. Jan. 9 h 12 1,1 vormittags hat. Ebenso
sollte nach unserer Kechnung auf der portugiesischen Insel Makao, 260° west
lich von Berlin, erst Dienstag 6 h 40 m morgens sein; wir finden aber, daß
dort bereits Mittwoch 6 h 40 m morgens ist u. s. w. Wie erklärt sich dieser
merkwürdige Umstand? Wir werden auf die Beantwortung dieser Frage ge
führt, wenn wir es versuchen, anstatt wie bisher nach W., nach 0. von Berlin