234 Von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper.
nung bestimmt werden. Daß die Mondfinsternisse zu Längenbestimmungen auf
der Erde benutzt werden können und benutzt worden sind, haben wir bereits
S. 131 gelernt; auch ist der dabei sich herausstellenden Schwierigkeiten bereits
Erwähnung getlian. Mit etwas sichrerem Erfolge lassen sich die nun zu be
trachtenden Sonnenfinsternisse für den bezeichneten Zweck anwenden.
B. Y011 den Sonnenfinsternissen.
1. Unpassender Name, äußere Erscheinung derselben. Fielen
Erd- und Mondbahn in dieselbe Ebene, so müßte, wie bei jedem Vollmonde
eine Mond-, bei jedem Neumonde eine Sonnenfinsternis eintreten. Zur Zeit
des Neumondes müßte der Mond sich immer gerade zwischen Sonne und Erde
befinden und der Erde, der er dann die dunkle Seite zukehrt, das Licht der
Sonne entziehen und eigentlich eine Erd finster nis hervorrufen, die man aber,
bei dem Scheine stehen bleibend, unpassend eine Sonnenfinsternis genannt
hat. Zweckmäßiger könnte das Ereignis, wollte man den Namen für dasselbe
der Sonne entlehnen, eine Sonnenbedeckung heißen.
Da die Bewegung des Mondes von W. nach 0. und schneller geschieht,
als die der in demselben Sinne fortschreitenden Sonne, so muß der Mond zu
erst den westlichen Rand der Sonne verdecken und es uns so scheinen, als
schöbe sich eine dunkle Scheibe, die nichts anderes als die unerleuchtete Seite
des Mondes ist, von W. nach 0. über die Sonne, so daß also die scheinbare
Verfinsterung der Sonne bei einer Sonnenfinsternis in dem entgegengesetzten
Sinne mit der wirklichen Verfinsterung des Mondes bei einer Mondfinsternis
erfolgt.
Eine einzelne von W. nach 0. an der Sonne vorüberziehende Wolke ist
geeignet, den Verlauf der Erscheinung zu veranschaulichen. Sie wird zuerst
den westlichen Sonnenrand verdecken und allmählich allen Oertern, die in der
Richtung der Verbindungslinie von Sonne und Wolke sich befinden, den Anblick
der Sonne ganz entziehen. Den außerhalb dieser Richtung liegenden Oertern
aber wird die Wolke den Sonnenschein nicht zu entziehen vermögen, weil sie
die verhältnismäßig nahe Wolke an einem andern Orte des Himmels sehen.
Steht man auf einer Höhe, etwa einem Thurme oder einem Berge, so hat man
gar oft Gelegenheit, den Schatten einer vor der Sonne vorüberziehenden Wolke
über die Erde hinziehen zu sehen. Unter der oben angenommenen Richtung
der Wolke sieht man ihren Schatten ebenfalls von W. nach 0. auf der Erd
oberfläche fortschreiten und allmählich immer andere Berge, Dörfer etc. ver
dunkeln, und diese wechselnde Beleuchtung der Gegend trägt nicht wenig dazu
bei, die Schönheit des Anblicks zu erhöhen.
Eine ganz ähnliche Erscheinung kann man von einem hohen Standpunkte
aus zur Zeit einer Sonnenfinsternis haben. Man kann den Schatten des Mondes
von W. nach 0. auf der Erde fortschreiten sehen. Für alle westlicher gele
genen Oerter tritt die Verdeckung der Sonne früher als für die östlicheren ein.