Von den Planeten. — Das Aegyptiscbe System. 257 
er im Gefühle der Unnatürlichkeit desselben, daß er, wäre er bei der Schöpfung 
zugegen gewesen, dem Schöpfer Rath gegeben haben würde, den Weltenbau 
einfacher einzurichten. 
7. Aegyptisches System. Neben dem Ptolemäischen Systeme suchte 
ein anderes sich Geltung zu verschaffen, das unter dem Namen des ägypti 
schen Systems bekannt geworden ist, und welches namentlich den Wider 
spruch der Erscheinungen an Merkur und Venus mit dem Ptolemäischen Systeme 
beseitigen sollte. Nach dem letzteren hätte nämlich Merkur und Venus auch 
müssen in Opposition mit der Sonne kommen können, was doch durchaus gegen 
die Erfahrung ist. Um diesen Zwiespalt zu lösen, nahm das ägyptische 
System, dessen Einrichtung Fig. 78 zeigt, an, die Erde stehe allerdings in der 
Mitte des Systems, und um sie bewegten sich zuerst der Mond und dann die 
Sonne; diese aber sei der bewegliche Mittelpunkt der Bahnen für Merkur 
und Venus. Dann erst folgten Mars, Jupiter und Saturn in immer größer wer 
denden Kreisen, wie im Pto 
lemäischen System. 
Daß Merkur und Venus 
nicht in Opposition, sondern 
nur in eine obere und untere 
Conjunction mit der Sonne 
kommen können, war frei 
lich nach dem neuen System 
erklärt; im übrigen aber 
litt es an demselben Grund- 
irrthume, da es die ruhende 
Erde in den Mittelpunkt des 
Systems setzte, und hätte 
es auch neben dem Ptole 
mäischen Systeme Anerken 
nung und Verbreitung ge 
funden, was indessen nicht 
der Fall gewesen, so wäre 
damit kein wirklicher Fort 
schritt begründet worden. 
Da unter anderen der berühmte Aristoteles ähnliche Ansichten wie Ptole- 
mäus über den Bau der Welt ausgesprochen hatte, so blieb des letzteren 
System bis zum Anfänge des 16. Jahrhunderts in ungeschwächtem Ansehen, 
und religiöse Vorurtheile sowie einseitig aufgefaßte Stellen der Bibel haben 
nicht wenig dazu beigetragen, daß die Wahrheit den Menschen so lange ver 
hüllt blieb. 
Es gehörte in jenen Zeiten nicht geringe Freiheit des Geistes und ein Mutli, 
den nur die überzeugende Kraft der Wahrheit zu geben vermag, dazu, mit einer 
neuen, an dem Bisherigen zweifelnden Ansicht hervorzutreten, da Schmach und 
Wetzel, Himmelskunde. 17