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Von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper.
der Linie AS parallel bliebe. Von m aus erscheint nun Venus in der Rich
tung von mm'] sie steht also um den Winkel smm' westlich oder rechts
von der Sonne und ist somit Morgenstern. Allein sie steht nicht nur west
lich von der Sonne, sondern auch westlich von der mit AS parallelen Linie
ms; sie ist also von den Fixsternen, bei denen sie von A aus stand, nach W.
gerückt, also rückläufig geworden, und zwar, da die Gesichtslinie zu ihrer
Bewegung fast rechtwinklig ist, mit der größten Geschwindigkeit.
Ist in den folgenden 10 Tagen die Erde bis n, Venus bis n' gelangt, so
ist die westliche Entfernung der letzteren von der Sonne, Winkel s'nn', größer
geworden; zugleich ist aber auch die westliche Abweichung der Venus von der
mit AS parallelen Linie ns' gewachsen; denn Winkel s'nn' ist größer als
smm'. Venus ist also gegen die Fixsterne noch rückläufig geblieben.
Nach Verlauf eines ganzen Monats ist die Erde in B, Venus in b ange
kommen ; die von B aus nach ihr gehende Gesichtslinie B b macht mit der zur
Sonne gehenden Linie BS den Winkel SBb, der wieder größer als Winkel
Snn' ist; die westliche Entfernung der Venus von der Sonne hat sich also
noch vermehrt, und Venus ist noch länger Morgenstern. Mit der AS paral
lelen Linie Bs" macht die zur Venus gehende Gesichtslinie den Winkel s"Bb]
dieser ist aber kleiner als Winkel s'nn', und Venus muß daher in Beziehung
auf die Fixsterne wieder rechtläufig geworden sein. Zwischen n' und b muß
sie mithin stationär gewesen sein, und dies wird leicht erklärlich, wenn man
auf die Richtung der Bewegung der Venus achtet. Es wendet sich nämlich
Venus immer mehr von der Erde ab, bis ihre Bewegung zwischen c und d all
mählich ganz die Richtung der zu ihr gehenden Gesichtslinie hat. Es muß
also einen Punkt in ihrer Bahn geben, wo der durch ihre schnellere Bewegung
bewirkte TJeberschuß der Fortschreitung durch die veränderte Richtung der
Bewegung aufgehoben wird, und dies ist der Punkt des scheinbaren Still
standes. — Uebrigens ist aus der Figur zu erkennen, daß von B aus Venus
als schmale, nach links ausgebogene Sichel, aber wegen vermehrter Entfernung
von der Erde unter einem kleineren Winkel erscheinen muß.
Zwei Monate nach der unteren Conjunction steht die Erde in C und Venus
in c. Letztere ist rechtläufig geblieben; aber weil sie langsamer als die Sonne
in der Ekliptik fortschreitet, so wächst dabei ihr westlicher Abstand von der
Sonne; denn Winkel SCc > als SBb] Venus ist nahe ihrer westlichsten Aus
weichung, und sie erscheint fast als halb erleuchtete Scheibe. Die größte Aus
weichung muß Venus zu der Zeit haben, da die zu ihr gehende Gesichtslinie
eine Tangente ihrer Bahn ist, was etwa 2 '/2 Monate nach der unteren Con
junction der Fall ist, wenn die Erde zwischen C und D, Venus zwischen c und
d sich befindet.
In den folgenden fünf Monaten, während welcher die Erde die, Stellungen
bei G bis H, Venus die von c bis a einnimmt, wird diese immer rascher recht
läufig, weil die Richtung der Gesichtslinie zu der Bewegung sich einem rechten
Winkel nähert; aber ihr westlicher Abstand von der Sonne wird täglich