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Von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper.
sind. Fehlte diese Neigung, so würden die Planeten beständig in der Ekliptik,
aber bald recht-, bald rückläufig mit ungleichmäßiger Geschwindigkeit einher
gehen. Schleifen, wie sie wegen vorhandener Neigung entstehen, würden sich
dann nicht bilden können.
5. Das Tychonische System. Es ist begreiflich, daß es längere Zeit
währte, ehe man sich in die von Copernikus geforderte neue Betrachtungsweise
der Himmelserscheinungen, nach welcher namentlich die Bewegungen der Pla
neten auf die ruhende Sonne bezogen werden sollten, hineinlebte, da man
Jahrtausende lang sich gewöhnt hatte, die Erde als den ruhenden Mittelpunkt
der Welt anzusehen. Auch der 1546 d. 4. Decbr. geborene berühmte dänische
Astronom Tjjcho de Brahe, der auf der Uranienburg auf der Insel Hveen bei
Kopenhagen seit 1580 seine für die damalige Zeit ausgezeichneten astronomi
schen Beobachtungen machte, folgte nur theilweise dem Copernikus. Er nahm,
um die erste und die zweite Ungleichheit in der Bewegung der damals be
kannten 5 Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn zu er
klären, mit Copernikus die Sonne als den Mittelpunkt der Bahnen dieser fünf
Weltkörper an, setzte aber die Er de außerhalb der Merkurs- und Venusbahn und
ließ um die Erde als ruhenden Mittelpunkt sich erst den Mond und dann die
Sonne mit den genannten 5 Planeten bewegen. Diese Anordnung der Pla
neten wird wohl das Tychonische System genannt, das zwar als eine Ver
besserung des ägyptischen Systems angesehen werden kann, da es die beiden
Ungleichheiten besser zu erklären vermochte; allein eine genauere Vergleichung
guter Beobachtungen mit den aus der Anordnung des Systems folgenden Con-
sequenzen läßt dasselbe als fehlerhaft erkennen. Hat aber auch Tycho de
Brahe durch sein System die Astronomie nicht gefördert, so hat er doch durch
Ansammlung vieler äußerst werthvoller und genauer Beobachtungen seinem
Zeitgenossen Kepler die Möglichkeit verschafft, seine wichtigen Entdeckungen
zu machen und manche Mängel des Copernikanischen Systems zu verbessern.
Zur Wahrheit steigt man eben nur allmählich empor.
6 . Unvollkommenheit des Copernikanischen Systems. Copernikus
nahm z. B., wie die Alten, die Bahnen der Planeten als Kreise an, erklärte
die erste Ungleichheit durch den excentrisehen Kreis und nahm, wo dieser
nicht ausreichte, selbst zu den Epicykeln seine Zuflucht. Wir haben bereits
gesehen, wie ungeeignet der excentrische Kreis zur Erklärung der ersten Un
gleichheit ist, weil sich unter seiner Annahme die scheinbaren Durchmesser der t
Planeten in bestimmten Punkten dieser Kreise, auch bei Sonne und Mond,
wie die in diesen Punkten beobachteten scheinbaren Bewegungen verhalten
müßten, was doch nicht der Fall ibt, indem nach S. 254 diese Bewegungen
sich wie die Quadrate der entsprechenden scheinbaren Durchmesser verhalten.
Excentrische Kreise können die Bahnen der Planeten also nicht sein. Welche
Gestalt aber haben sie wirklich?
Eine in jeder Beziehung befriedigende Antwort auf diese Frage, sowie
anderweitige wichtige Aufschlüsse über die im Planetensysteme herrschende „