2ßg Von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper.
indem dieser in ihm zwar einen tüchtigen Astronomen, aber nicht den gesuchten
Astrologen fand. Es ward ihm deshalb eine Professur in Rostock über
tragen, wo ihm aber, aller Bemühungen ungeachtet, sein Gehalt ebenfalls nicht
ausgezahlt wurde, indem der Krieg alle Mittel verschlang. Als der Reichstag
zu Regensburg zusammentrat, um die Angelegenheiten Deutschlands zu ordnen,
reisete Kepler nach dieser Stadt, um hier die rückständige Pension zu erflehen.
Allein fünf Tage nach seiner Ankunft, am 15. November 1631, sollte der Tod
seinem sorgenvollen Leben ein Ende machen. Nach andern soll er diese Reise
nach Regensburg nicht gemacht haben, sondern einige Jahre vor seinem Tode
ihm die rückständige 20 jährige Besoldung auf einmal ausgezahlt worden sein.
Allein es war zu spät; denn, an Körper geschwächt, konnte er sich derselben
nicht mehr recht erfreuen. So traurig gestaltete sich das Leben eines Mannes,
der als der Vater der neuen Astronomie angesehen werden muß, und dessen
Namen die dankbarere Nachwelt ewig rühmend nennen wird. Mit Recht konnte
Kästner von ihm sagen:
So hoch war noch kein Sterblicher gestiegen,
Als Kepler stieg, und starb den Hungertod!
Er wußte nur die Geister zu vergnügen;
Drum ließen ihn die Körper ohne Brot.
2. Wie Kepler zu seinen Gesetzen kam. Wie schon angedeutet,
verglich Kepler die aus dem Copernikanischen System sich ergebenden Folge
rungen mit den vortrefflichen Beobachtungen Tychos, die ihm zur Benutzung
offenlagen, und er fand bald eine nicht unbeträchtliche Abweichung zwischen
beiden. Namentlich waren es die sehr ungleichmäßigen Bewegungen des Pla
neten Mars, die er mit dem unermüdlichsten Eifer verfolgte. Die Bewegungen
dieses Planeten waren durchaus nicht mit der Annahme des excentrischen Kreises
in Einklang zu bringen. Er ward daher mistrauisch gegen diese Kreise; um
aber die wahre Form der Balm zu ergründen, suchte er nach etwas Constantem,
nach einem Gesetz in der scheinbaren Unregelmäßigkeit, und unterwarf zu
dem Ende die ihm überlieferten Zahlen der Beobachtungen Tyclios den mannig
faltigsten Operationen. Alle seine Versuche hat er in seinem 1609 zu Prag
erschienenen Werke, betitelt: »Astronomia nova de motibus stellae Martis«,
bekannt gemacht, und man kann so die unsägliche Geduld und Beharrlichkeit
ermessen, mit der er das vorgesteckte Ziel zu erreichen bestrebt war. Manche
dieser Rechnungen nehmen zehn ganze Folioseiten ein, und das Durchlesen
derselben schon erfordert eine seltene Geduld, wie viel mehr die Rechnung
selbst. In dieser Beziehung sagt Kepler an einer Stelle des angeführten Werkes:
»Wem das Durchlesen dieser mühevollen Rechnungen Langeweile macht, der
mag immerhin Mitleid mit mir haben, der ich sie wenigstens 70mal wieder
holen mußte, während er sie nur einmal lesen darf.« Seine Bemühungen
sollten aber nicht vergebens sein; denn nach acht Jahren wurden sie mit dem
herrlichsten Erfolge gekrönt.