Full text: Allgemeine Himmelskunde

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Topographie des Himmels. 
Die hier kurz gegebene Herschelsche Ansicht, die man wohl die Krater 
theorie zu nennen pflegt, war bis zur Entdeckung der Spektralanalyse durch 
Kirchhof,f fast von allen Astronomen als die die Erscheinungen ungezwungen 
erklärende anerkannt. Eine geringe Aenderung derselben wurde durch die ge 
nauere Beobachtung der Corona bei den schon öfters genannten totalen Sonnen 
finsternissen nötliig, da man über den beiden Herachelsdien Hüllen noch eine 
dritte, eine eigentliche Sonnenatmosphäre, anzunehmen gezwungen war, in 
deren untersten Schichten dichtes glänzendes Gewölk schwimme, das in den 
Protuberanzen sichtbar werde. 
Diese Protuberanzen betrachtet man gegenwärtig als Ansammlungen gasiger 
Massen über der Photosphäre, in denen namentlich Wasserstoff verbrenne, 
weil das Spektrum derselben, wie wir schon oben gesehen haben, die charakte 
ristischen hellen Linien des Wasserstoffs zeigt. Dieser Stoff ist am ganzen 
Bande der Sonne verbreitet und zeigt seine hellen Linien auch da, wo Protu 
beranzen dem Auge nicht sichtbar werden; es ist also auch wohl sicher, daß 
er über der ganzen Sonnenkugel verbreitet sein wird. Lockyer hat die Dicke 
einer solchen Hülle auf 1142 g. Min. berechnet. Es ist ferner wahrscheinlich, 
daß die Ursachen, welche die Sonnenflecken erzeugen, das rothe Gewölk an 
manchen Stellen zu ungewöhnlicher Höhe emportreiben. Die flammenartigen 
Protuberanzen aber dürften vom Sonnenkörper lebhaft .aufsteigende Gasströme 
sein, von denen schon oben gesprochen worden ist. 
Hören wir nun, in welcher Weise Kirchhoff, der Entdecker der Spektral 
analyse, durch seine sogenannte Wolkentheorie die Erscheinungen an der 
Sonne zu erklären sucht: 
Nach ihm kann der eigentliche Sonnenkörper nicht dunkel, noch viel 
weniger, wie Arago für möglich hält, von so niedriger Temperatur sein, daß 
selbst lebende Wesen sich darauf befinden können; er muß vielmehr ein fester 
oder tropfbar-fliissiger Körper in der höchsten Glühhitze, also leuchtend 
sein, und sich noch heute in einem Zustande befinden, in welchem die Erde und 
wahrscheinlich auch alle Planeten sich nach der Meinung der Geologen in 
früheren Jahrtausenden einmal befunden haben. Ueber dem glühenden Sonnen 
körper befindet sich eine auf tausende von Meilen ausgedehnte gasförmige Hülle, 
eine Sonnen-Atmosphäre, die wenigstens in den untersten Schichten von 
so hoher Temperatur ist, daß Stoffe, die auf unserer Erde nach erfolgter 
Abkühlung nur noch in fester oder flüssiger Form Vorkommen, in Dampf 
form darin schweben und mit dem lebhaften Lichte verbrennen, welches uns 
in der Herschelschen Photosphäre entgegenstrahlt. Welche Stoffe in der Sonnen 
atmosphäre verbrennen, ist bereits oben gesagt worden. 
Da, wie Secchi durch gründliche Untersuchungen nachgewiesen hat, die 
Sonne in verschiedenen Breiten ungleich warm ist, und zwar so, daß die Wärme 
vom Aequator nach den Polen hin, wie auf der Erde, abnimmt, so müssen sich 
in der Sonnen-Atmosphäre kältere und wärmere Strömungen bilden, die den auf 
der Erde wehenden Luftströmen ähnlich, aber wahrscheinlich ungemein viel
	        
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