46G
Topographie des Himmels.
stellten Fragen eine bestimmte Antwort zu geben, und es ist fraglich, ob es
jemals möglich werden wird.
7. Neu erschienene und verschwundene Sterne. Nicht weniger
räthselhaft sind die neu erschienenen und die verschwundenen Sterne. Es ist
nämlich eine unbestrittene Thatsache, daß in geschichtlicher Zeit, wenn auch
nur selten, mehr oder weniger plötzlich Sterne erschienen sind, die früher nicht
am Himmel standen, während andere, früher gesehene Sterne sich den Blicken
der Menschen gänzlich entzogen haben und unsichtbar geworden sind. Unter
den neu erschienenen Sternen ist der zur Zeit Tycho de Br alte's erschienene
Stern der berühmteste. Der genannte Astronom sah ihn eines Abends zu seinem
Erstaunen in der Cassiopeja nahe dem Zenitli, ohne zuvor von ihm gewußt zu
haben. In Deutschland war selbst den Fuhrleuten der glänzende Stern auf
gefallen, und sie haben die Astronomen auf denselben erst aufmerksam ge
macht. Er erschien vollkommen wie ein glänzender Fixstern, ohne Schweif
und auch ohne Bewegung, obgleich ihn Tycho fast ein ganzes Jahr hindurch
beobachtete. Er funkelte stärker als andere Fixsterne, übertraf selbst Sirius
an Glanz und war etwa mit Venus zur Zeit ihres größten Glanzes zu ver
gleichen. Scharfsichtige Menschen sahen ihn selbst zu Mittage am Himmel.
Im December 1572 fing er an schwächer zu werden; im Januar 1573 war er
weniger hell als Jupiter; im April desselben Jahres erschien er als Stern 2.,
im Juli und August 3. und im October und November gar nur 4. Größe. Zu
Anfänge des folgenden Jahres zeigte er sich als ein Stern 5. bis 6. Größe, und
im März war er bereits für das unbewaffnete Auge verschwunden, nachdem er
17 Monate hindurch geleuchtet. (Das Fernrohr war noch nicht erfunden.) Außer
der Lichtstärke hatte er auch die Farbe gewechselt; war er erst weiß ge
wesen, so war er später erst gelb und endlich roth geworden. In der letzten
Zeit der Sichtbarkeit zeigte er sich wieder in weißlichem Lichte.
Ein ähnlicher, sehr holler Stern erschien nach chinesischen Angaben, und
zwar nach dem Verzeichnis des Ma-tuan-Un, im Jahre 173 n. Chr. Geb. zwischen
« und ß des Centauren, und verschwand erst nach 8 Monaten.
Im Jahre 389, zur Zeit des Kaisers Honorius , erschien in der Nähe
Atairs im Adler ein neuer Stern, ähnlich der Venus, der nach 3 Wochen
verschwand.
Zu Anfang des 9. Jahrhunderts ward von arabischen Astronomen ein neuer
Stern im Skorpion gesehen, dessen Licht dem des Mondes in den Vierteln ge
glichen haben soll. Nach 4 Monaten war er verschwunden.
Im Jahre 1012, so erzählt ein Mönch von St. Gallen, erschien im Widder
ein neuer Stern, »der die Augen blendete und der bald größer, bald kleiner
erschien.«
Nach dem genannten Verzeichnisse des Ma-tuan-lin erschien 1578 ein
Stern, groß wie die Sonne.
Ein anderer sehr berühmter Stern ist der von verschiedenen Astronomen,
unter andern auch von Kepler 1604 im rechten Fuß des Schlangenträgers ge-