490
Topographie des Himmels.
Wir betrachten die Sterne von der Erde aus, und das Licht derselben
kommt zu uns in den verschiedensten Eichtungen. Stände die Erde still, so
würde man, damit ein von einem Stern ausgehender Lichtstrahl durch die Achse
eines Fernrohrs in unser Auge käme, die Achse gerade auf den Stern richten
können; wir würden also den Stern an seinem richtigen Orte sehen, falls wir
von der Verrückung desselben durch die Strahlenbrechung absehen. Nun be
wegt sich aber die Erde mit einer Geschwindigkeit von 4,119 Min. in der Se
kunde, während das Licht in derselben Zeit einen Weg von 41900 Min. durchläuft.
Gegen diesen Weg ist aber der Weg der Erde nicht gleich Null, sondern er ist
löT7iT ^ eS ^ichtwegs. Eichtete man daher ein Fernrohr auf einen Fixstern
parallel mit der Eichtung der von den Sternen ausgehenden Strahlen, so würde
man ihn nicht im Eohre, wenigstens nicht im Mittelpunkte desselben sehen.
Damit dies aber geschehe, ist es nöthig, das Fernrohr gegen die Eichtung der
Lichtstrahlen etwas zu neigen, und zwar nach der Eichtung hin, nach welcher
sich die Erde gerade hinbewegt, oder nach der Eichtung der Tangente der Erd
bahn in dem betreffenden Punkte der Bahn. Da aber diese Tangente in der
elliptischen Bahn die verschiedensten Lagen annimmt, so wird um den wahren
heliocentrischen Ort des Sterns, den eine von dem Mittelpunkte der Sonne zum
Stern gehende gerade Linie treffen würde, durch die scheinbaren Oerter des
Sternes eine der Erdbahn ähnliche Ellipse beschrieben, die man Aberrations-
Ellipse nennt. Ihr Halbmesser erscheint unter einem Winkel von 20",25;
denn so viel muß das Fernrohr gegen die Eichtung der Lichtstrahlen geneigt
werden, und dieser Winkel heißt der Aberratio ns-Winkel.
5. Veranschaulichung der Aberration. Zur näheren Verdeutlichung
möge Fig. 126 dienen. Es sei wieder, wie in der vorigen Figur, der äußerste
Kreis ein Breitenkreis des Himmels und die auf den Himmel pro-
jicirte Erdbahn oder die Ekliptik, auf welcher die Länge der Sterne gemessen
wird. Der von dieser Ekliptik umschlossene kleinere Kreis QCQ'O sei die
Erdbahn, in deren Mitte die Sonne S steht. Des Sternes s wahren heliocen
trischen Ort m trifft die von der Sonne nach dem Stern gehende Linie Ss. Es
möge dieser Stern als in cj^r Ebene des genannten Breitenkreises, in der Zeich
nung also in der Ebe;;m des Papiers liegend gedacht werden. Von 4 Punkten
der Erdbahn QC/^ J 0 sind mit der von der Sonne zum Stern gehenden Linie
Ss 4 Paraldellinien QJD, CA, Q'B und OE gezogen worden. Nehmen wir die
Entfernung des Sternes als unermeßlich an, so werden diese Linien, die eigent
lich als in dem Mantel eines Cylinders liegend zu denken sind, dessen Grund
fläche die Ebene der Erdbahn ist, als mit der Linie Ss zusammenfallend ge
dacht werden können, und sie bezeichnen alsdann die Eichtung der von dem
Sterne zur Erde gehenden Lichtstrahlen. Betrachtet man jenen Stern, so sieht
man ihn aber nicht in der Eichtling dieser Strahlen; denn aus genannten
Gründen muß ja das Fernrohr um den Winkel von 20",25 gegen diese Eichtung
geneigt werden, und zwar nach der Gegend hin, wohin die Erde gerade sich