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Topographie des Himmels.
in dem Colur der Solstitien stehen, ihre Deklination um nahe 10" weniger
änderten, als dies wegen der durch die Präcession veränderten Lage des
Himmelsäquators der Fall sein müßte, daß dagegen bei den Sternen im Aequi-
noctien-Colur die Deklination um fast IO" mehr verändert war. Aus den Be
obachtungen ergab sich, daß die Erdachse nicht so gleichförmig sich herum
schwenke, daß die Pole des Aequators einen Kreis um die Pole der Ekliptik
und die Achse den Mantel des oben bezeichneten Kegels beschreiben, sondern
daß die Achse bald außerhalb, bald innerhalb dieses Kegelmantels sei, und
daß demnach die Pole etwa solche Curven machen, wie sie Fig. 127 als den
Kreis a'b'&tV begleitend darstellt. Könnte diese Abweichung von der ein
facheren Bewegung der Pole sich allein geltend machen, so würden die Pole
des Aequators kleine Ellipsen beschreiben, deren Mittelpunkt in jenem Kreise
a'b'c'ä ' von 23 l /2° Halbmesser liegt. Da aber die fortschreitende Bewegung
der Pole bei der Präcession größer als die Bewegung derselben in der kleinen
Ellipse ist, so löset sich diese in zwei Curven auf, von denen die eine außer
halb, die andere innerhalb der Peripherie des bekannten Kreises liegt, wie wir
Aehnliches bei der Mondbahn kennen gelernt haben. Während also die Erd
achse sich schwenkt, wankt sie ein wenig infolge der Anziehung des Mondes
auf die abgeplattete Erde, und man nennt deshalb diese letztere Bewegung das
Wanken der Erdachse oder die Mutation. Die Bewegung des Frühlings
punktes setzt sich deshalb aus zwei Theilen, aus einer fortschreitenden und
einer zurückweichenden Bewegung zusammen; da aber die erstere größer ist
als die letztere, so bleibt im allgemeinen eine (ungleichmäßig) fortschreitende
Bewegung übrig. Diese fortschreitende Bewegung ist aber gegen die Ordnung
der Zeichen gerichtet und das, was als Präcession zum Ausdruck kommt.
VI. Eigenbewegung der Fixsterne.
1. Alle Fixsterne sind in Bewegung. Daß Fixsterne sich um ein
ander bewegen, haben wir bereits bei Besprechung der Doppelsterne kennen
gelernt; aber außer dieser Bewegung um einander oder um einen gemeinschaft
lichen Schwerpunkt verändern die Fixsterne auch sonst noch ihren Ort im
Weltenraume, d. h. sie schreiten fort, und kein Fixstern am ganzen Himmel
verharrt an seinem Orte: Alles ist in Bewegung, unsere Sonne nicht aus
genommen. Das Vorhandensein und die Größe der Eigenbewegung der Fix
sterne zu bestimmen, war nur mittelst der außerordentlich vervollkommneten
Instrumente und durch Vergleichung der jetzigen Position der Fixsterne in
zuverlässigen Sternkatalogen mit früheren Positionen möglich. In Beziehung
auf Sternkataloge haben besonders W. Herschel, Bessel und Argeiander viel
geleistet.
2. Größe der Bewegung. Die Größe der Ortsveränderung, welche
manche Fixsterne infolge der Eigenbewegung in historischer Zeit bereits zeigen,