Full text: Allgemeine Himmelskunde

Von den Sternbildern. 
505 
Am Anfänge des Monats ging das Sternbild des Wassermanns auf, 
das auf der ägyptischen Sphäre, etwas abweichend von der jetzt üblichen, den 
Griechen entlehnten Darstellung des Bildes, einen stehenden Mann zeigt, der 
aus einem Gefäße einen Wasserstrom gießt. Dieser Strom endigte in dem 
Bachen eines Fisches, dessen hellster, goldgelb funkelnder Stern, Fomalhaut, 
genau den Anfang des zweiten Monats bezeichnete. Jetzt wird dieser Fisch 
nicht mehr zum Wassermann gerechnet. — Daß das bezeichnete Sternbild sehr 
gut zu dem Zustande Aegyptens paßt, braucht kaum gesagt zu werden. Das 
Zeichen des Bildes ist das bei den Aegyptern oft gebrauchte Bild des Was 
sers £3. 
Im dritten Monat der Ueberschwemmung (der 1. Athyr = dem 18.Sep 
tember) verharrte zu Anfänge das Wasser noch in seinem hohen Stande, und 
man lebte gleich den Fischen fast im Wasser. Gegen das Ende des Monats 
aber trat das Wasser rasch in seine Ufer zurück und ließ nun in den tieferen 
Einsenkungen des Landes seeartige Stellen zurück. Mit den Wassern Habeschs 
kommen aber auch jetzt noch ungeheure Scharen kleinerer und größerer Fische 
nach Aegypten, die nach dem Zurücktreten des Flusses in den Lachen Zurück 
bleiben. Besonders merkwürdig ist der mit Stacheln besetzte Fahaka, der 
sich den Bauch mit Luft füllt und, nach dem Zurücktreten des Wassers das 
Gleichgewicht verlierend, auf den Bücken fällt. Dieser Fisch wird von armen 
Leuten in großen Mengen eingesammelt und gegessen. So ist das Ende des 
dritten Monats noch heute die Zeit der Fische, und man konnte dies nicht 
besser bezeichnen, als indem man die nun nach Sonnenuntergang aufgehenden 
Sterne in das Bild der Fische kleidete. Die ägyptische Sphäre zeigt zwei durch ein 
1/förmiges Band verbundene Fische. Gleichzeitig mit den Fischen ging nörd 
lich der große Triangel, ein Bild des Delta, auf; denn auch das Nildelta ent 
stieg dem Wasser und kam wieder zum Vorschein. — Das Zeichen der Fische 
X ist wohl als eine graphische Andeutung der beiden Fische mit dem Bande 
anzusehen. 
Im vierten Monat der Ueberschwemmung (der 1. Choiak = dem 18. Octo- 
ber) zog sich der letzte Best des Wassers zurück, und mehr und mehr trocknete 
der zurückgebliebene, bräunliche Schlamm zu einer dünnen Schicht fruchtbarer 
Gartenerde zusammen, der in unglaublich kurzer Zeit die saftigsten und ge- 
würzigsten Kräuter entsprossen. Diese abzuw r eiden, wurden die Thiere auf die 
nährende Weide getrieben, bis die Erde Festigkeit genug erhalten hatte, um 
den Samen aufzunehmen. Man konnte diese Zeit der Weide nicht besser be 
zeichnen, als indem man die nach Untergang der Sonne im Osten aufgehenden 
Sterne mit einem Thiere der Weide in Verbindung brachte. Man wählte einen 
ruhenden Widder und gab ihm das Zeichen ~T, welche Figur wohl den zwei- 
hornigen Kopf des Thieres bezeichnen soll. 
Die Zeit des Wachsthums begann mit dem fünften Monat des Jah 
res (der 1. Tybi = dem 17. November). Der von der Ueberschwemmung 
zurückgelassene Schlamm hatte die gehörige Festigkeit erlangt, um bearbeitet
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.