Von den Sternbildern.
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Am Anfänge des Monats ging das Sternbild des Wassermanns auf,
das auf der ägyptischen Sphäre, etwas abweichend von der jetzt üblichen, den
Griechen entlehnten Darstellung des Bildes, einen stehenden Mann zeigt, der
aus einem Gefäße einen Wasserstrom gießt. Dieser Strom endigte in dem
Bachen eines Fisches, dessen hellster, goldgelb funkelnder Stern, Fomalhaut,
genau den Anfang des zweiten Monats bezeichnete. Jetzt wird dieser Fisch
nicht mehr zum Wassermann gerechnet. — Daß das bezeichnete Sternbild sehr
gut zu dem Zustande Aegyptens paßt, braucht kaum gesagt zu werden. Das
Zeichen des Bildes ist das bei den Aegyptern oft gebrauchte Bild des Was
sers £3.
Im dritten Monat der Ueberschwemmung (der 1. Athyr = dem 18.Sep
tember) verharrte zu Anfänge das Wasser noch in seinem hohen Stande, und
man lebte gleich den Fischen fast im Wasser. Gegen das Ende des Monats
aber trat das Wasser rasch in seine Ufer zurück und ließ nun in den tieferen
Einsenkungen des Landes seeartige Stellen zurück. Mit den Wassern Habeschs
kommen aber auch jetzt noch ungeheure Scharen kleinerer und größerer Fische
nach Aegypten, die nach dem Zurücktreten des Flusses in den Lachen Zurück
bleiben. Besonders merkwürdig ist der mit Stacheln besetzte Fahaka, der
sich den Bauch mit Luft füllt und, nach dem Zurücktreten des Wassers das
Gleichgewicht verlierend, auf den Bücken fällt. Dieser Fisch wird von armen
Leuten in großen Mengen eingesammelt und gegessen. So ist das Ende des
dritten Monats noch heute die Zeit der Fische, und man konnte dies nicht
besser bezeichnen, als indem man die nun nach Sonnenuntergang aufgehenden
Sterne in das Bild der Fische kleidete. Die ägyptische Sphäre zeigt zwei durch ein
1/förmiges Band verbundene Fische. Gleichzeitig mit den Fischen ging nörd
lich der große Triangel, ein Bild des Delta, auf; denn auch das Nildelta ent
stieg dem Wasser und kam wieder zum Vorschein. — Das Zeichen der Fische
X ist wohl als eine graphische Andeutung der beiden Fische mit dem Bande
anzusehen.
Im vierten Monat der Ueberschwemmung (der 1. Choiak = dem 18. Octo-
ber) zog sich der letzte Best des Wassers zurück, und mehr und mehr trocknete
der zurückgebliebene, bräunliche Schlamm zu einer dünnen Schicht fruchtbarer
Gartenerde zusammen, der in unglaublich kurzer Zeit die saftigsten und ge-
würzigsten Kräuter entsprossen. Diese abzuw r eiden, wurden die Thiere auf die
nährende Weide getrieben, bis die Erde Festigkeit genug erhalten hatte, um
den Samen aufzunehmen. Man konnte diese Zeit der Weide nicht besser be
zeichnen, als indem man die nach Untergang der Sonne im Osten aufgehenden
Sterne mit einem Thiere der Weide in Verbindung brachte. Man wählte einen
ruhenden Widder und gab ihm das Zeichen ~T, welche Figur wohl den zwei-
hornigen Kopf des Thieres bezeichnen soll.
Die Zeit des Wachsthums begann mit dem fünften Monat des Jah
res (der 1. Tybi = dem 17. November). Der von der Ueberschwemmung
zurückgelassene Schlamm hatte die gehörige Festigkeit erlangt, um bearbeitet