Von der Gravitation oder allgemeinen Schwere. 527
Art müßte nach dem Parallelogramm der Kräfte die Lothlinie und die Fäll
richtung der Körper genau nach dem Mittelpunkte gerichtet sein, da jeder
Schnitt durch diesen Punkt die Kugel in zwei gleichmäßige, und darum in ihrer
Anziehung gleich wirkende Theile zerlegt.
Treffen aber die genannten Bedingungen bei einem Weltkörper nicht zu,
so darf die von ihm auf Dinge an seiner Oberfläche, oder die auf ihn von
andern Körpern geübte AnziehungsWirkung nicht so betrachtet werden, als ob
die gesamte Masse in seinem Mittelpunkte vereinigt wäre. So haben z. B.
mancherlei Ungleichmäßigkeiten in den Dichtigkeitsverhältnissen der Erde, so
wie die Abweichung derselben von der vollkommnen Kugelform bei genauen
Untersuchungen sowohl Abweichungen der Lothrichtung in verschiedenen Ge
genden der Erde, als auch in der Fallrichtung erkennen lassen, wie bereits
früher angedeutet worden. Außerdem ruft die Anziehung der Sonne und vor
nehmlich des Mondes auf die abgeplattete Erde sogenannte Störungen her
vor, auf die später noch näher eingegangen werden wird. Wo dergleichen
Abweichungen sich nicht constatiren lassen, wird der Mittelpunkt des betreffen
den Weltkörpers als der Sitz der gesamten Kraft betrachtet, was die Rech
nung wesentlich vereinfacht.
2. Vorbereitung zum Verständnis des zweiten Gesetzes. Von
jedem Moleküle eines Körpers muß man sich die Anziehungskraft, wie von
einem leuchtenden Punkte die Lichtstrahlen und von einem erhitzten Gegen
stände die Wärmestrahlen, als nach allen Seiten hin sich strahlenförmig und
gleichmäßig verbreitend vorstellen. Hierin liegt das zweite Attractions-Gesetz
bereits angedeutet. Folgende Erwägung wird dasselbe leicht verständlich machen.
Es stelle, Fig. 130, SAB CD eine 4seitige
Pyramide dar, deren Achse SE in fünf gleiche
Theile getheilt ist. Durch die einzelnen Tlieil-
punkte sind Schnittflächen parallel der Grund
fläche gelegt worden. Die Entfernungen dieser
Schnittflächen von der Spitze S der Pyramide
verhalten sich wie die Zahlen 1 , 2, 3, 4, 5 zu
einander. Nehmen wir nun die der Spitze
nächste Fläche zum Maß für die übrigen, so
lehrt der Augenschein, daß die Größe der fünf
Schnittflächen sich wie die Zahlen 1, 4, 9, 16,
25, also wie die Quadratzahlen der die
Entfernung ausdrückenden Zahlen zu einander
verhalten.
Zu einem ähnlichen Resultate werden wir
gelangen, wenn wir uns Folgendes vergegen
wärtigen:
Die Größe eines Kreises ist abhängig von der Größe des Radius, und die Peri
pherien zweier Kreise verhalten sich wie ihre Radien oder ihre Durchmesser.
Fig. 130.