Von den säcularen Störungen.
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im Herbstpunkt, so ist der Winkel der Mondbahn zum Aequator 23°,5 — 5°,1
= 18°,4, und wenn die Mündknoten in den Solstitialpunkten liegen, so ist
jener Winkel wieder ein anderer. Hierdurch muß die Wirkung der Anziehung
der Erde Ungleichheiten zeigen, die sich in derselben Weise nach 18 Jahren
218 Tg. wiederholen, in welcher Zeit die Mondknoten einen ganzen Umlauf
vollendet haben. Es wird dadurch nämlich eine geringe Schwankung der Ebene
der Mondbahn hervorgerufen, und, wie schon gesagt, kann man diese Störungen
des Mondes zur Bestimmung der Abplattung der Erde benutzen, und das ge
fundene Resultat stimmt vortrefflich mit dem auf andere Weise bestimmten
überein. So gehen aus den Gravitationsgesetzen die herrlichsten Folgen hervor,
und die mannigfach verschlungenen und verwickelten Störungen werden Veran
lassung, zu neuen Wahrheiten zu gelangen. — Der Mond hat in der neuesten
Zeit einen meisterhaften Berechner an dem berühmten Hansen gefunden, der
Mondtafeln entworfen hat, die wahre Meisterstücke sind und der Schiffahrt die
herrlichsten Dienste leisten werden.
II. Die säcularen Störungen (1er Erde.
1. Aenderung der Excentrieität und Neigung der Erdbahn.
Eine der Störungen, welche die Erde erleidet, haben wir schon angedeutet,
nämlich die Verkleinerung der Excentrieität der Erdbahn. Sie ist das Resultat
der Gesamtwirkung aller Planeten und hat eine Periode von über 50000 Jahren.
Auch die Neigung der Erdbahn zum Aequator ist veränderlich. Diese Störung
der Neigung beträgt in einem Jahrhundert 48",37, ist aber ebenfalls in enge
Grenzen eingeschlossen. Es verbindet sich aber diese durch die Planeten be
wirkte Störung noch mit einer andern, die Sonne und Mond auf die abge
plattete Erde ausüben, nämlich mit der Präcession und Nutation.
2. Präcession und Nutation sind eigenthümliche, mit einander ver
bundene Störungen, welche die Erde wegen ihrer Abweichung von der reinen
Kugelgestalt von der Sonne und dem Monde, vornehmlich aber von diesem
letzteren erfährt. Wäre die Erde eine vollkommene Kugel von gleichmäßiger
oder wenigstens symmetrischer Dichtigkeit, oder fiele die Ebene ihres Aequators
mit der der Ekliptik zusammen, so würde die Anziehung, welche die einzelnen
Theile zunächst von der Sonne erführen, sich symmetrisch nach allen Seiten
der den Sonnen- und Erdmittelpunkt verbindenden geraden Linie, die wir kurz
die Centrale nennen wollen, vertheilen, und die Erde würde deshalb keine
Störung bei ihrer Bewegung um die Sonne erleiden. Anders muß sich die
Sache wegen der sphäroidischen Gestalt der Erde sowie wegen der schiefen
Stellung ihrer Achse zur Bahn und der dadurch bewirkten unsymmetrischen
Vertheilung der Anziehung der Sonne auf die Erde gestalten.
Denken wir uns die Stellung der Erde am 21. Decbr. wie in nachstehender
Fig. 143 rechts von der Sonne in S. Da sich bei dieser Stellung der Nord
pol von der Sonne abwendet, so liegt der stärkste Theil der Massenanhäufung
um den Aequator herum, um welchen die Erde von der reinen Kugelform ab"<
Wetzel, Himmelskunde. 37