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I. Die Herstellung und Verwertliung von Himmelsaufnahmen.
Der grosse Refractor der Lick-Sternwarte ist in erster Linie
für optische Beobachtungen eingerichtet; doch kann derselbe auch für
photographische Aufnahmen benutzt werden. Eine Verwendung des
Suchers zum Halten der Sterne ist bei der starken Durchbiegung des
langen Rohres (58 Fuss Brennweite) gänzlich ausgeschlossen, und es war
daher nur eine Methode zu brauchen, bei welcher das Objectiv selbst
auch zum Halten benutzt wird. Eine besondere Schwierigkeit ist dadurch
gegeben, dass nach Vorsetzung der Correctionslinse, welche das für op
tische Strahlen construirte Objectiv in ein solches für die photographischen
Strahlen verwandelt, eine Verkürzung der ursprünglichen Brennweite von
58 Fuss um ungefähr 10 Fuss stattfindet; die ganze Cassettenvorrichtung
muss daher an dem Orte des photographischen Focus durch eine grosse
seitliche Oeffnung in das Kohr eingeführt werden.
Die Cassette selbst, an deren Bande sich das Ocular befindet, ist
auf zwei um 90° gegen einander gerichteten Schlitten befestigt, denen durch
Schrauben feine Verstellungen ertheilt werden können. Im Gesichtsfelde
des Oculars befindet sich ein System von mehreren Fäden, um an ver
schiedenen Stellen des Gesichtsfeldes halten zu können und nicht bloss
auf die Mitte desselben beschränkt zu sein. Durch ein totalreflectirendes
Prisma ist das Ocular seitlich aus dem Bohre herausgeführt, ebenso sind
auch die beiden Feinbewegungsschrauben zum Rohre herausgeleitet. Beim
Halten wird die Bewegung des Fernrohrs selbst demnach gar nicht corri-
girt, sondern nur die Stellung der Platte innerhalb des Fernrohrs. Ueber
die Schwierigkeiten beim Halten wegen der photographischen Achromasie
des Objectivs ist von Seiten der Lick-Sternwarte nichts publicirt worden;
doch scheint die ganze Vorrichtung nicht tadelsfrei zu functioniren, da
auf Aufnahmen mit langen Expositionszeiten die Sternbildchen nicht
rund, sondern merklich länglich erscheinen.
Seine hauptsächliche Benutzung hat der photographisch corrigirte
Lick-Refractor für Mondaufnahmen gefunden, und zu diesem Zwecke
musste eine Vorrichtung zur Erzeugung kurzer Expositionszeiten ange
bracht werden. Dieselbe befindet sich unmittelbar vor der Cassette und
besteht im wesentlichen aus zwei Cylindcrn, über welche ein Tuchstreifen
läuft, der eine grosse Oeffnung enthält. Eine auf der Axe des einen
Cylinders angebrachte Spiralfeder zieht das Tuch mit der Oeffnung über
die Platte fort.
Das Spiegelteleskop von Roberts, welches sich vornehmlich
durch seine Lichtstärke für Nebelfleckaufnahmen auszeichnet, besitzt
einen Spiegel von 20 engl. Zoll Durchmesser und 8 Fuss 2 Zoll Focal-
länge, zeigt also das ungewöhnliche Brennweitenverhältniss von 1:5.
Wie die Fig. 24 lehrt, befindet sich auf derselben Declinationsaxe als