118
I. Die Herstellung und Yerwerthung von Himmelsaufnalnnen.
gingen und somit die Anwendung von Collodiumplatten in der messenden
Astronomie für sehr bedenklich erscheinen liessen.
Aber schon Rutlierfurd *) machte auf das Fehlerhafte der Pas che ti
schen Methode aufmerksam und stellte als nothwendige Forderung für
eine derartige Untersuchung fest, dass nur eine Vergleichung von
Messungen auf derselben Platte einmal im nassen Zustande unmittelbar
nach der Aufnahme und dann nach dem Trocknen zu reellen Resultaten
führen könne. Eine diese Forderung erfüllende Untersuchung, wobei die
Platte bis nach dem Trocknen unberührt im Messapparate liegen blieb,
hat Rutherfurd selbst angestellt, und hierbei fanden sich nur ver
schwindend kleine Grössen der Verzerrung, die, wenn man sie überhaupt
als der gemessenen Strecke proportional ansehen will, zwischen V^ooo
und V 50000 dieser Strecke schwanken. Zu entsprechend geringen Werthen
der Verziehung sind auch H. C. Vogel und Lohse, sowie H. W. Vogel
gekommen. Die ersteren schlossen aus ihren Versuchen, dass sehr ge
ringe locale Verziehungen, aber keine proportional verlaufenden eintreten;
letzterer stellte folgende Sätze auf: 1 ) Verschiedene Collodiumsorten geben
verschiedene Verziehungen. 2 ) Die Contraction auf der dicken Collodium-
seite (Abilussseite) ist grösser als an der dünnen (Aufgussseite), so dass
überhaupt eine dünne Collodiumschiclit die besten Chancen für grosse
Stabilität gewährt. 3) Albuminirte Platten bieten dieselbe Sicherheit wie
nicht albuminirte. 4) Das Lackiren wirkt verändernd auf die Schicht.
5) Cyankalium-Fixage ist derjenigen durch unterschwefligsaures Natron
vorzuziehen. Bei dieser Gelegenheit hat H. W. Vogel auch das Verhalten
der Collodiumtrockenplatten untersucht; er fand bei Anwendung eines
sauren Entwicklers sehr starke Verzerrungen, bis zu 1 / 300 , bei alkalischem
Entwickler jedoch keine merkliche Verziehung. Schliesslich mögen noch
die Untersuchungen von Weinek**) erwähnt werden. Weinek kommt
bei nassem Collodium zu folgendem Schlüsse:
Locale Verziehungen der photographischen Schicht durch Antrocknen
derselben von einem Betrage von 0.003 mm, noch viel weniger von
grösserem Betrage, also auch, da Längen von 122 mm gemessen wurden,
proportionale Verziehungen von 1 / 4n000 konnten nicht gefunden werden.
Durch warmes Lackiren scheinen Veränderungen in der Schicht vor sich
gegangen zu sein, die aber immerhin als wider Erwarten klein bezeichnet
werden müssen.
Aus der Ausmessung des grossen Materials von Aufnahmen beim
Venusdurchgange 1874, welche Weinek vorgenommen hat, haben sich bei
*) Amer. Journ. of Science 1872.
**) Die Photogr. in der messenden Astron. Nova Acta 41, pars I, Nr. 2, p. 113.