Die Messungs- u. Keductionsmethoden in der astronom. Photographie. 125
ferner müssen bei Aufnahmen mit sein* langer Expositionszeit noch be
sondere Ueberlegungen angestellt werden.
Wie bei jedem lichtbrechenden Medium ist auch bei unserer At
mosphäre die Brechung für die Strahlen verschiedener Wellenlängen
verschieden, die Atmosphäre dispergirt also das Licht beim Durchgänge,
sofern es nicht senkrecht einfällt, wovon man sich leicht durch Betrach
tung eines sehr tief stehenden hellen Sternes überzeugen kann; derselbe
erscheint nicht als Punkt, sondern als vertical stehendes Spectralband.
Betrachtet man für die Brechung der optischen Strahlen eine' Stelle des
Speetrums, gelegen auf y 3 zwischen I) und E (571 /<//), als massgebend,
für die photographischen Strahlen diejenige der mittleren Gegend zwi
schen G und II (420), so sind für diese beiden Strahlengattungen im
Mittel aus den von Ketteier, Lorenz, Mascart, Kayser und Bunge
ausgeführten Bestimmungen der brechenden Kraft (1 — «), wo u den
Brechungscoefficientcn zwischen Aetlier und Luft bei mittlerem Barometer
stände und mittlerer Temperatur bedeutet, folgende Wertlie anzunehmen:
2 T) | /T
für -—¿A— (1 — n) = 0.0002930
O
für ° (1 — fi) = 0.0002975 .
Der Unterschied beträgt 0.0000045 oder y 65 des Gesammtbetrages
der optischen Befraction, um welche die photographische grösser ist.
Die Gebrüder Henry*) haben die Befractionsdifferenz auf experimen
tellem Wege bestimmt. Sie brachten vor dem Objective eines Fernrohrs
ein Diffractionsgitter an, welches im verticalen Sinne orientirt war, so
dass die Diffractionsspcctra horizontal lagen. Bezeichnet man das Gitter
intervall mit i und mit a die Winkeldistanz der Spectra erster Ordnung
l
vom Mittelbilde, so ist a = . . • Bichtet man das Fernrohr auf einen
7 % sm 1
Stern, dessen Zenithdistanz % ist, so werden die Strahlen verschiedener
Brechbarkeit im verticalen Sinne gemäss der Befraction abgelenkt um
den genäherten Betrag q = A tg %, wo A mit der Wellenlänge variirt.
Man erhält also eine Spectralcurve, in welcher man die Variation von o
und damit von A mit der Wellenlänge messen kann. Eine genügende
Darstellung von A haben die Gebrüder Henry durch die Formel
finden können.
*) Mesure de la Dispersion Atmosphérique. Bull, du Comité 1, 464.