Die Messungs- u. Reductionsmethoden in der astronom. Photographie. ] 27
nothwendig, die Aenderung der Refractionsconstant'e zu berücksichtigen.
Man sollte also überhaupt ein für allemal photographische Messungen
mit der geänderten Refractionsconstante reduciren; ganz unumgänglich
nothwendig aber ist dies in allen Fällen, wo die Photographie zu ab
soluten Höhenbestimmungen verwendet wird, wie z. B. bei Benutzung der
Photographie bei Meridianbeobachtungen.
Die Form, nach welcher man die Refraction berechnen will, kann
für die betreifende Messungs- und Reductionsmethode besonders passend
ausgewählt werden; Schwierigkeiten bereitet aber in allen Fällen, wo die
Expositionszeiten lang sind, die Frage, für welchen Zeitmoment oder für
welche Zeitmomente die Rechnung geführt werden soll.
Für einen Stern der Platte, nämlich für den Haltestern, ist die Re
fraction vollständig aufgehoben; alle anderen Sterne sind aber in jedem
Momente mit der Differentialrefraction gegen den Haltestern behaftet und
beschreiben also wegen der Aenderungen der letzteren kleine Bahnen auf
der Platte. Die Form dieser Bahnen hängt vom Positionswinkel der be
treffenden Sterne gegen den Haltestern ab; im allgemeinen sind sie ge
krümmt und werden mit ungleichförmiger Geschwindigkeit durchlaufen.
Bei kurzen Expositionszeiten kann man mit genügender Annäherung die
beschriebenen Bahnen als gerade und als mit gleichförmiger Geschwin
digkeit durchlaufen betrachten und wird deshalb die Refraction für die
Mitte der Expositionszeit berechnen. Bei grösseren Expositionszeiten,
deren Grenze natürlich von der absoluten Höhe der aufgenommenen Ge
stirne und von der absoluten Distanz abhängt, ist diese Annäherung
nicht mehr genügend, und es fragt sich nur, was an deren Stelle gesetzt
werden soll. Diese Frage ist allgemein wohl kaum zu beantworten, und
selbst im speciellen Falle macht sie grosse Schwierigkeiten, auch wenn
man sich in Betreff einer vorher zu erledigenden Frage entschieden hat,
der Frage nämlich, in welcher Weise bei langdauernden Expositionen die
Form der Sternscheibchen geändert wird, und auf welchen Punkt der
deformirten Scheibchen man einstellen soll. Zur Beantwortung der
selben müssen wir uns erst Uber die Grösse der durch die Aenderung
der Differentialrefraction enstehenden Deplacirungen informiren. Der ex
tremste Fall würde der sein, dass z. B. beim Anfänge der Exposition
sich ein Sternpaar im Zenith befindet, beim Ende aber am Horizonte und
zwar im Positionswinkel 0° oder 180°. Bei einer Distanz des einen
Sternes gegen den Haltestern von 1 °, welche Distanz wir im Folgen
den annehmen wollen, würde die Differentialrefraction von Null bis 10'
wachsen. Hiervon kann natürlich in praxi keine Rede sein; dagegen
dürfte es schon durchaus möglich sein, bis zu 50° Zenithdistanz zu gehen,
und damit hätte man eine Verschiebung von 2'.'5; jedenfalls darf man